Supertrawler, Grundschleppfischerei, Stellnetze: Welche ist die schädlichste Fischerei?

Wenn es um Beifang von Delfinen und Walen in der Fischerei geht, muss man sehr genau hinschauen. Über den Begriff "Supertrawler" sind Sie in den Medien in letzter Zeit bestimmt schon einmal gestolpert. Vor allem der Film "Seaspiracy" hat diese großen Fischerei-Schiffe mit einer Länge von über 80 Metern ins Gespräch gebracht. Ihre Größe und das Ausmaß der Zerstörung, die sie anrichten können, machen sie zu schnell zum "Bösewicht" der Fischerei schlechthin – aber Supertrawler sind nur ein Teil des Problems, wenn es um den Tod von Delfinen und Walen in Fischernetzen geht. Alle Meerestiere und ihre Lebensräume sind Teile eines komplexen Ökosystems: Um sie effektiv schützen zu können, muss die Fischerei ganzheitlich reguliert werden.
Umweltzerstörung und "Paper Parks"
Supertrawler fischen oft mehrere Wochen am Stück und ziehen dabei großräumig durch unterschiedliche Gebiete. Der gefangene Fisch wird direkt an Bord verarbeitet, weshalb Zwischenstopps in Häfen nur selten nötig sind.
Wenn Trawler und andere Fischereifahrzeuge ihre schweren Grundschleppnetze über den Meeresboden schleifen, richten sie großen Schaden an. Zahlreiche Kampagnen und Petitionen von NGOs drücken ihre Besorgnis über die Auswirkung von Supertrawlern auf den Meeresboden aus und fordern die Regierungen zum Handeln auf. Die Lebensräume am Meeresgrund sind nicht nur wichtig für laichende Fische und die Nahrungssuche von Walen und Delfinen sondern haben auch enorme Bedeutung für uns Menschen: Seegraswiesen binden beispielsweise Kohlenstoff und verhindern so, dass er sich zu klimaschädlichem CO2 verbinden kann. Gleichzeitig produzieren Seegräser Sauerstoff, den wir zum Atmen benötigen.
Meeresschutzgebiete sind Bereiche im Meer, die unter Schutz gestellt wurden, weil sie für bestimmte Tier- und Pflanzenarten oder Lebensräume wichtig sind. Solche marinen Schutzgebiete gibt es in sehr vielen Formen und Ausprägungen. Doch um die Lebensräume und ihre Bewohner wirklich schützen zu können, müssen die menschlichen Aktivitäten – einschließlich (aber nicht beschränkt auf) Fischerei – reguliert und v.a. auch durchgesetzt werden. Die traurige Wahrheit: Die meisten Schutzgebiete existieren nur auf dem Papier, weswegen man von „Paper Parks“ spricht. Oft gibt es keinerlei Management, das die menschlichen Aktivitäten und die Schäden, die sie anrichten, einschränkt.
Größer ist nicht immer schlimmer, wenn es um Beifang geht
Intuitiv könnte man meinen, dass die großen Supertrawler auch eine große Auswirkung haben müssen. Oft ist das auch der Fall – besonders wenn sie in empfindlichen Lebensräumen wie dem Meeresgrund fischen. Wenn es jedoch um den Tod von Delfinen, Schweinswalen und Walen in den Netzen als "Beifang" geht, gilt nicht notwendigerweise "größer = schlimmer". Auch die schiere Anzahl kleinerer Fischerboote auf dem Meer hat große Auswirkungen.

V.l.n.r.: Grundschleppnetz, Stellnetz, Ringwadennetz. Original-Grafik: richardpalmergraphics.com, bearbeitet.
Stellnetze sind der größte Killer
Zum Beispiel verursachen Schleppnetze, Ringwaden und Stellnetze im Golf von Biskaya jedes Jahr den Tod von vielen Tausend Gewöhnlichen Delfinen. Zwar verfangen sich die Delfine unbeabsichtigt in den Schleppnetzen der Trawler, allerdings spricht die Zahl der Stellnetze im Golf von Biskaya dafür, dass diese Netze noch größere Auswirkungen haben. Auch global betrachtet sind Stellnetze für mehr getötete Meeressäuger verantwortlich, als jede andere Fischereiform. Dies betrifft z.B. auch die deutsche Ostsee, wo Stellnetze die Todesursache Nummer eins für den heimischen Schweinswal darstellen.
Das Problem: Die Regierungen schreiben kaum vor, Daten über den Beifang von Meeressäugern zu sammeln und den unbeabsichtigten Fang von Nicht-Zielarten ausreichend zu dokumentieren. Über die tatsächliche Zahl, wie viele Delfine und Wale durch die Fischerei getötet werden, kann man daher nur spekulieren. Selbst die Gütesiegel, auf die Konsument*innen oft vertrauen, wie das blaue MSC-Logo, sind nicht verlässlich.
Regierungen müssen das Gesamtbild betrachten
Um die Meere nachhaltig zu schützen, müssen umweltschädliche Fischereiaktivitäten insbesondere aus Meeresschutzgebieten sofort verbannt werden. Nur so können sich das Meer, die Populationen beigefangener Arten – sowie die anvisierten Fischpopulationen selbst – erholen.
Die Regierungen müssen das Gesamtbild erkennen: Es geht nicht darum, eine einzelne Fischereimethode wie z.B. die Supertrawler zu verbieten. Im schlimmsten Fall würde dies zu einer unkontrollierten Ausbreitung anderer Fischereimethoden führen, die vielleicht den Meeresgrund nicht so stark schädigen, aber andere negative Auswirkungen auf das Ökosystem haben.
Gesetzgeber*innen müssen die Fischerei also so regulieren, dass Fischpopulationen, marine Lebensräume und empfindliche Arten gleichermaßen geschützt werden. Dies kann nicht getrennt voneinander geschehen, alle Faktoren müssen als Gesamtheit betrachtet werden.
Es bedarf eines ökosystembasierten Ansatzes in der Fischerei. Dies wird zwar immer wieder auch seitens der Entscheidungsträger*innen betont, in der Praxis sieht es dann aber ganz anders aus: Die Lobby der Fischerei sorgt stetig für die Verwässerung von Regulationen, plädiert für zu hohe Fangquoten und will diese als Status Quo zementieren. Über eine Reduzierung der Fangmengen wird nur dann ernsthaft geredet, wenn Fischpopulationen zu kollabieren drohen.
Nur richtig gemanagte Fischerei kann Delfine und Lebensräume retten
Fischfangmethoden müssen so angepasst werden, dass der Fang nur aus tatsächlichen Zielarten besteht. Sie müssen dafür sorgen, dass Populationen nicht bedroht werden, dass Lebensräume nicht geschädigt werden und Beifang vermieden wird. Innerhalb von Meeresschutzgebieten sollte jegliche Form der Fischerei verboten werden.
Mit Ihrer Unterstützung arbeitet WDC weltweit daran, Lösungen zu erforschen und die Regierungen mit praktischen Ratschlägen zu versorgen, um Fischerei nachhaltiger und umweltverträglicher zu gestalten.
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