Fischpopulationen der Ostsee schwinden weiter: EU verhandelt über Fangstopp für Hering und Dorsch

Die EU-Mitgliedsstaaten haben am Montag mit Verhandlungen über künftige Fischfangquoten in der Ostsee begonnen. Die Lage ist insbesondere für die Dorsch- und Hering-Population dramatisch. Erst im August wurde bekannt, dass der Rückgang der Dorsche in der westlichen Ostsee einen Kipp-Punkt überschritten hat und sich die Population in absehbarer Zeit nicht mehr erholen kann. Auch dem Ostsee-Hering geht es seit Jahren schlecht. Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) empfiehlt dieses Jahr zum vierten Mal in Folge, die Heringsfischerei einzustellen. Für die Dorschfischerei soll nur noch der Beifang akzeptiert, seine direkte Befischung jedoch eingestellt werden.
Beim Hering der westlichen Ostsee wurde die ICES-Empfehlung für die erlaubte Fangmenge von 2017 bis 2021 bereits um 94 Prozent verringert. Beim Dorsch der westlichen Ostsee lagen die Empfehlungen seit 2017 bei einer Reduzierung um mehr als 95 Prozent. Allerdings lagen die Jahre zuvor die Quoten konsistent über den Empfehlungen der Wissenschaft.
"Es ist zu erwarten, dass die Fangquoten für den westlichen Dorsch sowie für den Hering erneut stark herabgesetzt bzw. auf Null gesetzt werden. Dies wäre die logische Folge der bitteren Erkenntnis, dass die Fischpopulationen weiterhin in einem kritischen Zustand sind", erklärt Fabian Ritter, Leiter Meeresschutz bei WDC. "Auch wenn hin und wieder behauptet wird, dass der Rückgang der Fischpopulationen vor allem im Klimawandel begründet ist, schauen wir hier auf die Konsequenzen einer seit Jahrzehnten verfehlten Fischereipolitik", so Ritter weiter.
Da Hering und Dorsch zu den "Brotfischen" der Ostseefischer*innen zählen, sind die wirtschaftlichen Folgen der kollabierenden Populationen groß. Hinzu kommt, dass insbesondere die Stellnetzfischerei, mit ihrer hohen Zahl an beigefangenen Seevögeln und Schweinswalen zur Degradation des Ökosystems beiträgt. Noch immer gibt es kaum alternative, umweltfreundlichere Fangmethoden.
"Diese Katastrophe – für die Umwelt und für die Fischer*innen gleichermaßen – hätte vermieden werden können, wenn die Quoten strikt den Empfehlungen der Wissenschaftler*innen gefolgt und rechtzeitig die Weichen für eine stringente Regulierung umweltschädlicher Fischereimethoden in der EU gestellt worden wären. Leider hat die Bundesregierung, allen voran Bundesministerin Julia Klöckner, diese Chancen konsequent verstreichen lassen", sagt Ritter.
WDC setzte sich von November 2020 bis September 2021 deshalb mit der Kampagne "Rettet die Schweinswale – Stellnetze raus aus Schutzgebieten!" für ein permanentes und sofortiges Verbot von Stellnetzen in ausgewiesenen Meeresschutzgebieten (MSGs) sowie für langfristige Schutzmaßnahmen auch außerhalb von MSGs ein. Im September hatte WDC abschließend eine entsprechende Petition an das Bundeslandwirtschaftsministerium mit über 100.000 Unterschriften aus der deutschen Bevölkerung übergeben und wird sich mit der Forderung nach einer grundsätzlichen Reform der Fischerei auch an die neue Bundesregierung wenden.
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