Sehr geehrter Herr Ulwahn,
die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind eindeutig – Wale und Delfine leiden physisch und psychisch in Gefangenschaft, für sie ist es eine düstere Welt. Sie sind zu intelligent, zu aktiv, zu groß, und ihre sozialen Bindungen sind zu komplex, um in einem Betonbecken jemals artgerecht gehalten werden zu können. Ein in Gefangenschaft lebender Orca müsste jeden Tag ungefähr 1.400 Runden in seinem Becken schwimmen, um die gleiche Strecke zurückzulegen, wie in freier Wildbahn. Deshalb sind viele Ihrer Kund:innen, ebenso wie wir, der Meinung, dass die Haltung von Walen und Delfinen in Gefangenschaft grausam ist und der Vergangenheit angehören sollte.
Eine OnePoll-Umfrage aus dem Jahr 2021 ergab, dass 60 Prozent der Deutschen die Haltung von Walen und Delfinen in Gefangenschaft für inakzeptabel halten. Booking.com, British Airways, Expedia, Thomas Cook, TripAdvisor und Virgin Holidays haben auf ihre jetzigen und zukünftigen Kund:innen gehört und ihr Geschäftsmodell so umgestellt, dass sie keine Gewinne mehr durch das Leiden und Ausbeuten dieser faszinierenden Lebewesen erzielen.
Wir wissen, dass wir die Delfinarien-Industrie nicht einfach über Nacht schließen können. Viele der in diesen Einrichtungen gehaltenen Wale und Delfine würden nicht überleben, wenn sie einfach so in die freie Wildbahn entlassen werden würden. Auch gibt es nicht genügend Meeresrefugien, um alle diese Individuen aufzunehmen und sie an ein Leben in Freiheit zu gewöhnen. Die Tourismusbranche muss sich deshalb dringend zusammenschließen, um den weltweit über 3.600 in Gefangenschaft gehaltenen Walen und Delfinen eine würdige, sichere und gesunde Zukunft zu ermöglichen.
Da TUI derzeit seine Richtlinien in Bezug auf Wale und Delfine in Gefangenschaft überarbeitet, bitten wir Sie dringend, diese Gelegenheit zu nutzen, um eine fortschrittlichere Richtung einzuschlagen, indem Sie nur mit Einrichtungen zusammenarbeiten, die sich dem ethischen Ausstiegsmodell von Whale and Dolphin Conservation (WDC) anschließen:
- Keine Shows und Interaktionen mit Besucher:innen
… da diese die Wale und Delfine ausnutzen, in Stress versetzen und unnatürliches Verhalten fördern.
- Keine Zucht
… weil dadurch neue Generationen von Walen und Delfinen in die düstere, leidvolle Welt der Gefangenschaftshaltung hineingeboren werden.
- Keine Wildfänge
… weil die Individuen dabei auf grausame Weise ihren komplexen familiären Bindungen und ihrer natürlichen Umgebung entrissen werden.
- Kein Handel und Transport zwischen Einrichtungen
… da dies für die Individuen sehr belastend und mit unnötigem Stress verbunden ist. Außerdem kann der Verkauf der Individuen an andere Einrichtungen dazu führen, dass die Wale oder Delfine unter noch schlechteren Bedingungen gehalten werden als zuvor, was nicht im Sinne der Individuen ist.
- Verbesserte Haltungsbedingungen
… da kein Becken dieser Welt jemals die komplexen Bedürfnisse von Walen und Delfinen erfüllen kann. Deshalb müssen wir sicherstellen, dass die Individuen, die in Gefangenschaft bleiben müssen − weil sie nicht in die freie Wildbahn zurückkehren oder ein Zuhause in einem Meeresrefugium finden können − den bestmöglichen Lebensstandard haben, der ihnen in ihrer Situation möglich ist.
Sehr geehrter Herr Ulwahn, WDC würde sich freuen gemeinsam mit Ihnen eine Möglichkeit zu finden, wie TUI eine Schlüsselrolle beim Aufbau neuer Meeresrefugien spielen kann. Gemeinsam können wir Walen und Delfinen, die nicht ausgewildert werden können, eine natürlichere Lebensumgebung; und denjenigen, die ausgewildert werden können, eine Starthilfe in die Freiheit bieten. Wir haben in diesem Bereich bereits Erfahrung vorzuweisen und haben erfolgreich mit Merlin Entertainments und dem SEA LIFE Trust zusammengearbeitet, um das weltweit erste Beluga Meeresrefugium zu errichten.
Es steht außer Frage, dass Wale und Delfine intelligente, empathische, emotionale und soziale Tiere sind, die sich ihrer individuellen Existenz bewusst sind. Ihr wildes Leben sollte sie auf Reisen durch den Ozean führen − wo sie anderen Arten, ihren Familien und Freunden begegnen, ihre eigenen Bedürfnisse befriedigen und die Meeresökosysteme unterstützen, die zur Erhaltung des Lebens auf der Erde beitragen.
Die Gefangenschaft beraubt sie stattdessen dem, was sie als Wal oder Delfin ausmacht.
In einem Becken mit anderen Individuen eingesperrt zu sein, deren Gesellschaft sie sich weder ausgesucht haben noch entziehen können, hat schwerwiegende Auswirkungen auf ihr psychisches Wohlbefinden. Wie wir Menschen, leiden auch sie, wenn sie in ihrer Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit beraubt werden. Wir fordern Sie auf, TUIs Einfluss zu nutzen und die weltweite Führungsrolle in Bezug auf die psychische Gesundheit von Walen und Delfinen zu übernehmen, indem Sie auf Ihre Kund:innen hören und ein freundlicheres, nachhaltigeres Modell für die Tourismusbranche vorleben.
Wenn Sie den ethischen Ausstieg aus der Gefangenschaftshaltung von Walen und Delfinen unterstützen und die Möglichkeiten, die sich daraus für Ihr Unternehmen ergeben würden, erkunden möchten (und mehr über die wissenschaftlichen Grundlagen unserer Vorschläge erfahren möchten), würden wir uns freuen, mit Ihnen zu sprechen und Sie auf Ihrem Weg zu unterstützen.
Nehmen Sie bitte mit WDC über [email protected] Kontakt auf.
Mit freundlichen Grüßen
Tamara Narganes Homfeldt
Kampagnenleiterin
Ulla Christina Ludewig
Projektreferentin
und die Unterzeichnenden.