Islands komplexe Beziehung zu Walen
Island ist eine unglaubliche Insel voller Kontraste - von feurigen Vulkanen bis hin zu eisigen Gletschern, von tosenden Wasserfällen bis zu höhlenartigen Gräben. Diesen Wundern entgegen steht ein ernüchterndes Paradoxon: Während die Meere rund um Island Heimat vieler Wal-Populationen sind, liegen im Hafen zwei einsame, mit Harpunen bestückte Walfangschiffe, die diese erstaunlichen Meeressäuger bedrohen.
Zwei Mitarbeiterinnen des WDC-Teams, Sally Ward und Bianca Cisternino, haben sich in Begleitung unserer Unterstützer “Hat Films” in das Land aus Eis und Feuer gewagt und diese Gegensätze aus nächster Nähe erlebt. Hat Films sind mit der weltweit größten Wohltätigkeitsveranstaltung der Gaming-Szene ("Jingle Jam") vernetzt, an der WDC seit mehr als sieben Jahren beteiligt ist. Die Reise war eine Gelegenheit, ihnen unsere Arbeit zur Beendigung der Gefangenschaftshaltung von Walen und Delfinen zu zeigen, die Hat Films mit dem Jingle Jam unterstützt hat.
Zunächst erzählt Bianca von einem der Widersprüche, auf die sie in Island gestoßen sind.

Walfang vs. Whale Watching
Als wir ankamen, lag eine gewisse Aufregung in der Luft. Nach jahrelangen Kampagnen war der Walfang für den Sommer eingestellt worden. Wir machten uns auf den Weg zu den Docks, wo die beiden Walfangschiffe von Hvalur hf. auf die Entscheidung warteten, ob sie die Jagd wieder aufnehmen können. Wir hatten uns gewaltige Walfangflotten vorgestellt, die jedes Jahr für das Abschlachten von über 150 gefährdeten Finnwalen verantwortlich sind. Doch waren es – bis auf die Harpunen – ganz normale Schiffe. Der Kontrast zwischen ihrem bescheidenen Aussehen und dem Schaden, den sie anrichten, war beunruhigend.
Ironischerweise befanden sie sich den Walbeobachtungsbooten direkt gegenüber. Die Widersprüche und der innere Kampf Islands hätten nicht sichtbarer sein können: Auf der linken Seite befanden sich die Schiffe, mit denen Wale getötet werden, und auf der rechten Seite die Walbeobachtungsboote, die dazu einluden, die faszinierenden Meeressäuger in ihrem natürlichen Lebensraum zu erleben.


Am Morgen unserer Walbeobachtungstour waren Sally und ich vor Aufregung ganz aus dem Häuschen. WDC ist ein langjähriger Partner von Elding Whale Watching in Island, die sich für eine verantwortungsvolle Walbeobachtung einsetzen, und wir waren begeistert, dass wir mit ihnen zusammen auf Tour gehen durften.

Es war ein überwältigender Anblick – Zwergwale umringten uns, zeigten beim Fressen ihre leuchtend rosafarbenen Bäuche und bliesen den typischen nach Brokkoli duftenden Atem aus, der ihnen den Spitznamen "Stinkeminke" (Zwergwale heißen auf Englisch “Minke Whales”) einbrachte. Wir waren nur Gäste in der Welt der Wale und wir fühlten uns privilegiert, sie erleben zu dürfen. Dann tauchten zu unserer Freude Weißschnauzendelfine auf, die auf den Wellen neben unserem Boot ritten! Die Freude über die vielen tollen Begegnungen hielt während der gesamten Rückfahrt an – und fand ihr jähes Ende, als wir wieder gegenüber der beiden Walfangschiffe festmachten.


Nach unserem Besuch am 31. August wurde der Walfang-Stopp aufgehoben und der Walfang in Island wieder aufgenommen.
25 majestätische, intelligente und empfindsame Finnwale fielen den beiden Schiffen zum Opfer. Die Zukunft des Walfangs in Island steht nun auf dem Spiel, da die Lizenz von Hvalur hf, dem einzigen Unternehmen, das derzeit über eine solche verfügt, im Dezember 2023 ausläuft.
Wir können Ihnen versichern, dass wir weiterkämpfen werden, bis dieses grausame Töten ein Ende hat.

Erstes Refugium für Wale und Delfine in Gefangenschaft
Trotz seiner Walfanghistorie hat das Land in anderen Bereichen eine Vorreiterrolle im Wal- und Delfinschutz eingenommen: In Island befindet sich jetzt das weltweit erste Refugium für ehemals in Gefangenschaft gehaltene Wale. Das SEA LIFE Trust Beluga Whale Sanctuary befindet sich auf der Insel Vestmannaeyjar vor der Südküste des Landes. Als Partner sind wir stolz darauf, dieses bahnbrechende Projekt unterstützt zu haben und wollten uns vor Ort ein Bild machen. Wie geht es den beiden Belugas Little Grey und Little White mittlerweile, die ihr Leben als Show-Wale in einem Delfinarium in China hinter sich lassen konnten?
Sally von WDC berichtet..


Unser Besuch war ein magisches Erlebnis. Als wir uns Vestmannaeyjar näherten, eröffnete sich uns ein atemberaubender Blick auf die Bucht des Refugiums – eine natürliche Meeresbucht, umgeben von steilen Klippen und über uns fliegenden Seevögeln. Auffangstationen wie diese bieten Walen und Delfinen, die ehemals in Gefangenschaft gehalten wurden, ein natürlicheres Umfeld. Sie können dort in einer geschützten Bucht umherstreifen und die natürliche Flora und Fauna des Ozeans kennen lernen, ohne zur Unterhaltung der Menschen gezwungen zu sein. Es erfüllt mich mit großem Stolz, dass wir zusammen mit unseren Unterstützer:innen, darunter Hat Films und der Jingle Jam-Community, dazu beigetragen haben, diese wichtige Einrichtung ins Leben zu rufen.
Im Besucherzentrum des Schutzgebiets erkundeten wir die Rettungsstation für Papageientaucher, bevor wir zum überdachten Pflegepool geführt wurden, um die bezaubernde Little White und die neugierige Little Grey zu treffen. Dieser Bereich ist für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, sodass unser Besuch dort ein echtes Privileg war. Little Grey wurde wegen eines Magengeschwürs behandelt, weshalb sie sich zu diesem Zeitpunkt im Pflegebecken und nicht in der Meeresbucht aufhielt. Die Anwesenheit dieser beiden außergewöhnlichen Wale war surreal. Sie sind riesig, makellos weiß und so laut! Sie waren beide so neugierig, und wenn man ihnen in die Augen sah, konnte man nur erahnen, wie intelligent sie sind – ich hatte das Gefühl, sie bildeten sich ein Urteil über mich.

Es ist schwer zu ertragen, dass solch emotionale, empfindungsfähige und soziale Lebewesen wie diese beiden Wal-Damen den größten Teil ihres Lebens in winzigen Becken zur Unterhaltung der Menschen verbracht haben. Wale sollten wild und frei im Ozean leben – weil sie das Recht dazu haben.
Unsere Zeit in Island hat in uns gemischte Gefühle ausgelöst. Der Anblick der Schiffe, die so viel Leid anrichten, erfüllte uns mit Traurigkeit. Aber das Wissen, dass wir in diesem Sommer während der Aussetzung des Walfangs zusammen etwa 120 Wale gerettet haben, gab uns Hoffnung. Die Unterstützung Islands als wertvoller Verbündeter in unserer Mission zur Beendigung der Gefangenschaft von Walen und Delfinen und die Tatsache, dass die isländische Öffentlichkeit den Walfang inzwischen mehrheitlich ablehnt, hat uns optimistisch gestimmt, dass die Jagd auf Finnwale ein für alle Mal beendet werden wird. Bis dahin werden wir weiterhin mit der Regierung und unseren Partner:innen vor Ort zusammenarbeiten, um zu erreichen, dass die Harpunen ein für alle Mal ruhen.
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