Wie helfen uns tote Wale?
Wale, die nach ihrem Tod an Land gespült werden, sind eine lebenswichtige Nahrungsquelle für viele Arten. Weniger Wale bedeuten dabei weniger Kadaver – und damit eine schlechte Nachricht.
Es mag seltsam erscheinen, über den Nutzen toter Wale zu sprechen. Tatsächlich sind Wale aber selbst nach ihrem Tod noch ein wichtiger Bestandteil gesunder Ökosysteme. Sie sinken auf den Meeresboden und werden Nahrung und Lebensraum zugleich. Hunderte von Arten − von Haien bis zu knochenfressenden Würmern − profitieren von den Kadavern und sind oft ausschließlich auf ihnen zu finden.
Mich fasziniert dabei besonders, dass die Kadaver, wie wir dank Studien mittlerweile wissen, auch für Küstenökosysteme unersetzlich sind. Tote Wale, Delfine und Schweinswale, die an die Küste gespült werden, bieten insbesondere Aasfressern eine wichtige Nährstoffquelle. Tiere wie Krebse, Säugetiere und Vögel wandern für diese Nahrungsquelle oft aus einem weiten Umkreis an.
Auch Eisbären ernähren sich unter anderem von gestrandeten Wal-Kadavern. Die toten Meeressäuger bieten den Bären fett- und eiweißreiche Nahrung, die teilweise für ein ganzes Jahr reicht und hilft, die langen Fastenzeiten zu überstehen. Gerade durch die Erderwärmung wird diese Nahrungsquelle immer wichtiger: Die Auswirkungen der Eisschmelze machen das Jagen von Robben immer schwieriger. Ein einziger toter Grönlandwal hingegen bietet den Nährwert von etwa 1.300 Ringelrobben und muss nicht erst gejagt werden.
Die verfügbaren Wal-Kadaver werden allerdings immer weniger. Durch den kommerziellen Walfang wurden Walpopulationen weltweit stark dezimiert. Auch heute werden Wale in einigen Ländern noch bejagt und sind zudem vielen anderen Bedrohungen ausgesetzt. Hinzu kommt die häufige Beseitigung von angespülten Wal-Kadavern. Dieser Rückgang an angeschwemmten Walen hat unmittelbare Auswirkungen auf die Arten, die von den Walkörpern abhängen: Die Populationen der Kondore in Kalifornien und den Anden sind zum Beispiel dramatisch zurückgegangen. Auch ihr Verhalten bei der Nahrungssuche hat sich verändert: Anden-Kondore in Patagonien mussten sich in ihrer Ernährung von Wal-Kadavern auf Landsäugetiere umstellen. Sie sind nun gezwungen, riesige Entfernungen zurückzulegen, um Nahrung zu finden. Für die in Küstennähe brütenden Vögel bedeutet das nicht selten die Überquerung von ganzen Gebirgsketten.
Nicht nur das Fett eines toten Wals als direkte Nahrungsquelle ist für Aasfresser an der Küste wichtig. Genauso wie tote Wale auf dem Meeresgrund erhöhen auch Wal-Kadaver an Land den Nährstoffgehalt des Bodens und der Sedimente, in denen sie liegen. Es gibt eine Reihe von Landtierarten, die sich auf den Verzehr von Fleisch und Knochen spezialisiert haben: Bei einer Untersuchung eines gestrandeten Zwergwal-Kadavers wurden 57 Käferarten nachgewiesen, das Vorkommen von zwölf der Arten war in diesem Gebiet neu.
Tote Walkörper werden in der Regel aus Geruchs- und Sicherheitsgründen entfernt und entweder auf eine Mülldeponie gebracht, verbrannt oder vergraben. Wo immer es möglich ist, vor allem in abgelegeneren Gebieten, sollte man allerdings in Erwägung ziehen, einen Kadaver stattdessen an Ort und Stelle zu belassen. Alternativ können Kadaver verlegt oder Strandabschnitte gesperrt werden, an dem die Aasfresser den Kadaver schnell zersetzen können.
Je mehr wir über Wale und Delfine erfahren, desto mehr verstehen wir, wie wichtig diese wunderbaren Wesen für das Leben auf der Erde sind. Wir müssen sie schützen, nicht nur, weil sie das Recht haben, frei von menschlichem Schaden zu leben. Wir brauchen sie!
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