Um Wale und das Klima zu schützen, brauchen wir ein globales Abkommen über die Plastikverschmutzung

Jedes Jahr gelangen Millionen von Tonnen an Plastik in die Umwelt und bedrohen das Überleben von Tierarten und Ökosystemen. Plastik wurde in der Luft, im Regen, in unserem Körper und in unserer Nahrungskette gefunden. Es wird prognostiziert, dass sich die Emissionen von Plastikmüll in unsere Flüsse und Meere bis 2040 fast verdreifachen werden. Das bedeutet nicht nur mehr gestrandete Wale mit Mägen voller Plastik, auch die Folgen für uns Menschen werden extrem sein.
Anfang dieses Jahres habe ich im Auftrag von WDC und mit Unterstützung von BRITA einen Bericht (Englisch) erstellt, in dem die Auswirkungen von Plastik auf Wale und Delfine untersucht wurden. Die Aussichten sind düster. Je genauer wir hinsehen, desto mehr entdecken wir den Einfluss, den unser Plastik auf diese unschuldigen Opfer hat: Plastik füllt ihre Mägen, wickelt sich um ihre Schnäbel und Schwanzflossen und lagert sich über die Nahrungskette und den Verdauungstrakt sogar in ihrem Körpergewebe ein. Das Leiden jedes Einzelnen ist unvorstellbar. Ihre Geschichten sind ein Weckruf aus dem Meer, dass wir jetzt handeln müssen.
Plastik-Katastrophe
Kunststoffe beeinträchtigen die Fähigkeit des Meeres, Kohlendioxid (CO2) zu absorbieren. Das Plastik beeinträchtigt die Photosynthese und das Wachstum winziger pflanzenähnlicher Organismen, des sogenannten Phytoplanktons, und des Zooplanktons – Mikroorganismen, die sich vom Phytoplankton ernähren und Nahrung für "Filterfresser", darunter viele Wale, sind.
Ein Wal frisst Zooplankton und düngt dann das Phytoplankton mit seinem Kot. Wenn man bedenkt, dass Phytoplankton etwa die Hälfte des Sauerstoffs liefert, den wir atmen, und unserer Atmosphäre so viel Kohlenstoff entzieht, wie 148 Milliarden Bäume, wird klar, warum Plastikverschmutzung mehr ist, als nur ein Schandfleck oder eine Bedrohung für einzelne Wale und Delfine. Die Plastikflut könnte katastrophale Folgen haben – auch für uns Menschen.
Auf der COP26 forderten wir Staats- und Regierungschefs dazu auf, "auf das Meer zu hören". Ein gesunder Ozean absorbiert CO2 und produziert Sauerstoff – ein toter Ozean wird verheerende Folgen für das Klima haben. Wir müssen die Art und Weise, wie wir Plastik produzieren, verwenden, wiederverwenden und entsorgen, grundlegend überdenken.

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Nationale Veränderungen reichen nicht aus
Die Liste der Länder, die streng gegen unnötiges Einwegplastik vorgehen, ist lang und wird immer länger. Kenia hat das weltweit strengste Verbot von Plastiktüten – mit Gefängnisstrafen und Geldbußen von bis zu 33.000 Euro für Personen, die beim Verkauf, der Herstellung oder dem Mitführen von Plastiktüten erwischt werden. Die Europäische Union hat bestimmte Einwegplastikartikel durch ihre Richtlinie für Einwegkunststoffe verboten. Unter das Verbot fallen auch die am häufigsten an Stränden anzutreffenden Gegenstände aus Kunststoff: Wattestäbchen, Besteck, Teller, Strohhalme, Luftballonstäbchen und Getränkerührer sowie Styroporartikel. Die Richtlinie stellt sicher, dass die Verantwortung während des gesamten Lebenszyklus der Produkte gerecht auf die gesamte Lieferkette übertragen wird. Außerdem legt die Richtlinie einen Weg zur Umsetzung der erweiterten Herstellerverantwortung für andere problematische Kunststoffartikel, wie Fischereigeräte und bestimmte Arten von Verbraucherkunststoff fest.
Nationale Regelungen allein werden das Problem der Plastikverschmutzung jedoch nicht lösen. Plastikflaschen können mit den Meeresströmungen Tausende von Kilometern zurücklegen, was sie zu einem grenzüberschreitenden und komplexen Problem mit sozialen, wirtschaftlichen, gesundheitlichen und ökologischen Auswirkungen macht. Wir brauchen also ein globales Abkommen über Kunststoffe, das Unternehmen und Regierungen auf ein gemeinsames Verständnis der Ursachen der Plastikverschmutzung und einen klaren Ansatz zu deren Bekämpfung einschwört. Wir müssen die Regulierungsstandards weltweit harmonisieren, die Entwicklung nationaler Ziele und Aktionspläne verbindlich vorschreiben und Innovation und Infrastrukturentwicklung fördern. Wir brauchen einen Vertrag, der den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft für Kunststoffe vorantreibt – schnell und in großem Maßstab.

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Die Zeit tickt
128 Länder haben ihre Unterstützung für ein globales Plastikabkommen erklärt, darunter das Vereinigte Königreich, Deutschland, Argentinien, Australien und Russland. Weitere 26 haben sich bereit erklärt, ein solches Abkommen in Erwägung zu ziehen (darunter die USA und Indien). Aber es bleibt nur wenig Zeit, um sicherzustellen, dass es zustande kommt.
In weniger als vier Monaten wird die United Nations Environment Assembly (UNEA, Umweltversammlung der Vereinten Nationen) zusammentreten, um zu entscheiden, ob Verhandlungen über ein solches Abkommen aufgenommen werden sollen. Die UNEA ist das höchste Entscheidungsgremium im Umweltbereich. Sie tritt alle zwei Jahre in Nairobi zusammen, um Prioritäten für die globale Umweltpolitik zu setzen und das internationale Umweltrecht weiterzuentwickeln. An ihr nehmen politische Entscheidungsträger*innen, Industrievertreter*innen, Expert*innen und NGOs aus der ganzen Welt teil. Diese Tagung ist von entscheidender Bedeutung, denn es muss sich schnell etwas ändern.
Wir brauchen ehrgeizige globale Maßnahmen
Die nationalen Regierungen und die Industrie müssen ihre Arbeitsweise radikal ändern. Aber auch jeder Einzelne kann seinen Beitrag leisten, indem er die Menge des von ihm gekauften Plastiks reduziert und es wiederverwendet, wenn er es kauft. Wir müssen Alternativen wie loses Obst und Gemüse anstelle von verpackten Produkten wählen. Probieren Sie Shampoo-Bars und feste Seifenstücke aus, verwenden Sie waschbare Reinigungspads für Ihre Gesichtspflege anstelle von Feuchttüchern und Wattepads und suchen Sie nach nachfüllbaren Haushaltsreinigern, anstatt jedes Mal eine neue Plastikflasche zu kaufen, wenn Ihnen das Spülmittel ausgeht. Schauen Sie sich im Internet um – es gibt eine Vielzahl von umweltfreundlichen Produkten – es ist nicht mehr so schwer oder teuer wie früher, diese Dinge zu ändern. Aber wir sollten nicht nur "Vermeiden", sondern auch Veränderungen fordern – verlangen Sie von Ihren Supermärkten, Lieblings-Marken, Gemeinden und Regierungen, dass sie uns plastikfreie Alternativen anbieten.
Alle unsere individuellen und nationalen Maßnahmen summieren sich und machen einen Unterschied, aber ein Wandel wird nur dann stattfinden, wenn er auf internationaler Ebene vorangetrieben wird. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass jetzt mit der Arbeit an einem globalen Plastikvertrag begonnen wird, der ehrgeizig genug ist, um dem Ausmaß und der Dringlichkeit des Problems gerecht zu werden. Und, dass er in Rekordzeit vereinbart wird, denn die einzige Lösung für die Verschmutzung der Meere durch Plastik besteht darin, den Fluss von Plastik aus allen Quellen zu stoppen.
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