Jeder Tag ist Clean-Up Tag!
622 Hände, 10 Städte, über 200 Säcke voller Müll. Das ist die Bilanz unserer Clean-Up Reihe, die wir 2020 und 2021 gemeinsam mit unserem langjährigen Kooperationspartner BRITA bundesweit an Flussufern umgesetzt haben. Am heutigen World Clean-Up Day möchten wir noch einmal genauer hinschauen: Wer hat mitgeholfen und warum? Welche Art Müll fanden wir vor? Und wieso reicht es nicht, einen einzigen Tag im Jahr als "Clean-Up Day" zu deklarieren?
Als wir gemeinsam mit BRITA im Spätherbst 2019 beschlossen eine großangelegte Serie von Müllsammelaktionen an Flussufern in ganz Deutschland umzusetzen, war Corona noch ganz fern. Man hörte und las gelegentlich Berichte darüber, was in China vor sich ging, machte sich aber damals noch keine Vorstellungen darüber, dass das Virus auch uns erreichen würde. Wir hatten bereits im Winter unseren perfekten Plan – wir wussten, in welchen Städten und an welchen Flussabschnitten wir Müll sammeln wollten. Wir hatten lokale Clean-Up-Initiativen recherchiert und um Mithilfe gebeten. Wir hatten alle nötigen Sammelmaterialien von unserer Checkliste besorgt. Wir waren bereit. Wir freuten uns auf ein Jahr voller helfender Hände und gesäuberten Flussufern!
Tja. Und dann war es da. Corona.
Kontaktbeschränkungen, Lockdowns und allem voran ganz neue Abstimmungsbereiche, um die man sich bei der Organisation von Müllsammelaktionen kümmern und Zuständigkeiten, die geklärt werden mussten. Im Nachhinein bin ich ziemlich stolz auf mich und unser Team, dass wir es in Anbetracht der organisatorischen Hürden am Ende doch geschafft haben zwischen Lockdowns und Lockerungen acht von zehn Clean-Ups im Jahr 2020 umzusetzen. Zwei weitere folgten im Sommer 2021.
Auch wenn der Start unserer Müllsammelaktionen etwas holprig war, so erwiesen sie sich als wichtiger denn je. Besonders unser erstes Clean-Up in Köln machte uns klar, dass Corona nicht nur Spuren in unserem Sozialleben sondern auch in der Umwelt hinterließ. Masken, Einweghandschuhe, leere Desinfektionsfläschchen lagen gedankenlos verstreut herum. Dabei las man zu der Zeit noch überall, wie "Corona-Müll" eigentlich zu behandeln wäre – als Sondermüll mit Infektionsrisiko.
Das Gewicht der Masken von Köln wogen wir in Wiesbaden bei unserem zweiten Clean-Up wahrscheinlich mit Zigarettenkippen auf. Ein 7 Kilogramm schwerer Sack voller Kippen kam nach drei Stunden Sammeln entlang des Rheinufers unterhalb des Biebricher Schlosses zusammen. Bei all der Freude, während der Lockdowns zumindest Spazieren gehen zu dürfen, vergaßen viele Menschen wohl, ihren Müll bei sich zu behalten... dabei verseucht eine einzige Kippe rund 40 Liter Grundwasser.
Wo einmal Müll liegt, folgt immer mehr ...
Und wie sich bei unserem Clean-Up in Frankfurt am Main zeigte: wo einmal Müll liegt, folgt immer mehr. Am Mainufer hatten wir eine Stelle auserwählt, die regelmäßig als eine Art illegaler Wertstoffhof missbraucht wird. Von abgeschlagenen Keramikwaschbecken, einem kleinen Kühlschrank, leeren Farbeimern, Schläuche, Eisenstangen und ausgerissene Straßenschilder, Bauschutt, kistenweise entsorgte Flyer und unzähligen Kronkorken, Flaschen und Zigarettenkippen war fast alles dabei, was man sich so vorstellen konnte. Nach drei Stunden war jedoch alles verpackt, gestapelt und zur Abholung durch die Entsorgungsbetriebe bereit.
Was ebenfalls auffiel – so beratungsresistent manche Menschengruppen vor Ort zu sein schienen, so voller Tatendrang waren wiederum unsere fleißigen Helfer*innen! Allein beim Clean-Up in Köln kamen 60 Menschen aller Altersgruppen zusammen, um mit uns das Rheinufer zu säubern – viele von ihnen gehörten der lokalen Initiative "K.R.A.K.E. Köln" an und sammeln fast jedes Wochenende. In Nürnberg bekamen wir Unterstützung von rund 40 Schüler*innen, die jahrealten Müll aus dem tiefsten Gebüsch ans Tageslicht beförderten. In Wiesbaden sammelten viele Eltern mit ihren Kindern, auch einige Senioren mit. In Dresden, Frankfurt am Main und Berlin waren es vor allem engagierte junge Erwachsene. Die Bandbreite war also groß – doch alle hatten ein gemeinsames Ziel: Die Umwelt ein Stückchen sauberer zu machen.
Auch wenn Corona vor allem die Gesundheitsfrage mit sich brachte, bewegte sie auch viele von uns dazu, unser generelles Verhalten und den Umgang mit der Natur zu hinterfragen. Ich denke, viele unserer Teilnehmer*innen wollten ihr etwas zurückgeben. Es waren nicht nur "Öko-Freaks" dabei –Menschen, die ihr ganzes Leben auf zero-waste ausrichten. Es waren einfach ganz normale Menschen, die ein Problem erkannt haben und die ETWAS dagegen tun wollten.
Für mich ist genau das die schönste und wichtigste Erkenntnis aus unserer Clean-Up Reihe: Jeder kann etwas tun, nicht jeder muss alles tun. Aber wenn jede und jeder von uns etwas tut, können wir gemeinsam viel erreichen. Ich bin davon überzeugt, dass der volle Sack mit Zigarettenkippen und unsere Schilder mit Fakten über die Plastikflut im Meer einen Eindruck bei den Passant*innen hinterlassen haben. Ich wünsche mir, dass sie beim nächsten Spaziergang ihre Kippe nicht einfach achtlos fallen lassen. Und ich hoffe, dass wir für die vielen Kinder, die mitgemacht haben, ein Vorbild setzen konnten.
Wir brauchen eigentlich gar keinen World Clean-Up Day oder regelmäßig organisierte Aktionen. Wenn jede und jeder von uns auf sein eigenes Verhalten achten würde, auch einmal etwas aufsammeln würde, was herumliegt und im sozialen Umfeld auf die Müllthematik aufmerksam machen würde – dann wäre jeder Tag Clean-Up Tag!
[shariff]
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