Weltweiter Appell aus der Wissenschaft zum deutschen Schweinswalschutz
Deutschlands Versagen beim Schutz der vom Aussterben bedrohten Schweinswale sorgt Expert*innen aus aller Welt. Die Wal- und Delfinschutzorganisation WDC stellt sich an die Spitze einer großen Zahl führender Wissenschaftler*innen und fordert, internationales und nationales Naturschutzrecht endlich umzusetzen.
115 internationale Wissenschaftler*innen, darunter 76 Expert*innen aus Europa, unterzeichneten einen Brief an Bundesministerin Julia Klöckner zum Schutz der letzten Schweinswale in der zentralen Ostsee. Sie schließen sich damit der Forderung von WDC nach einem vollständigen und dauerhaften Verbot von Stellnetzen in deutschen Meeresschutzgebieten an.
Jedes Jahr sterben Hunderte Schweinswale als sogenannter Beifang in Stellnetzen in der deutschen Ostsee. Die Netze können bis heute überall ausgesetzt werden – sogar in Meeresschutzgebieten.
"Das Vorkommen des Schweinswals in der Ostsee ist eine evolutionäre Besonderheit. Es handelt sich um eine Population, die sich genetisch, verhaltensmäßig und morphologisch von allen anderen Schweinswalen auf diesem Planeten unterscheidet", erklärt WDC-Meeresbiologe Fabian Ritter. "Bei nur noch 500 verbleibenden Individuen ist bereits ein einziges eingefangenes Tier pro Jahr zu viel. Tatsächlich sind es aber viele mehr. Das Aussterben der Population in der Ostsee wäre ein großer Verlust – und die Tatsache, dass Deutschland zu wenig dagegen tut, ist ein Verstoß gegen geltendes Naturschutzrecht in Deutschland sowie der EU."
Die EU-Kommission hat im vergangenen Juli ein Rechtsverfahren zur Umsetzung von Notfallmaßnahmen gegen Schweden, Spanien und Frankreich eingeleitet und damit auch Deutschland und andere Anrainerstatten unter Druck gesetzt. Während Schweden derzeit bereits an einer entsprechenden Lösung arbeitet, zögert Deutschland und unterstützt nur ein kurzes saisonales Verbot von Stellnetzen in einem Teil der deutschen Meeresschutzgebiete.
Welche Maßnahmen tatsächlich erforderlich sind, um den Ostseeschweinswal umfassend und langfristig zu schützen, hat WDC bereits mehrfach in Stellungnahmen und Berichten dargelegt. Dies wurde auch vom Internationalen Rat für Meeresforschung (ICES) bestätigt, der ebenfalls die Verbannung von Stellnetzen aus den Meeresschutzgebieten in deutschen, polnischen, schwedischen und dänischen Gewässern empfohlen hat.
Zerstörerische Fischereimethoden müssen durch alternative Fischereipraktiken (und Fanggeräte) ersetzt und Meeresschutzgebiete zu echten Ruhezonen werden, in denen die Natur sich selbst überlassen wird.
"Die Ozeane sind unsere wichtigsten Verbündeten, um der Klimakrise zu begegnen", schließt Ritter. "Gesunde und artenreiche Meere sind entscheidend für die Ökosystemleistungen, die sie erbringen und für den Erhalt ihrer Widerstandsfähigkeit gegenüber den Auswirkungen des Klimawandels. In diesem Sinne ist eine ökologisch nachhaltige Fischereipolitik gleichzeitig auch ein wichtiger Beitrag zur Klimapolitik."
Hintergrundinformationen
Der Gewöhnliche Schweinswal (Phocoena phocoena) ist der einzige bei uns heimische Wal. Er ist gemäß des Bundesnaturschutzgesetzes, der EU Habitat-Richtline, dem ASCOBANS Abkommen zum Schutz der Kleinwale in Europa und gemäß dem HELCOM Abkommen streng geschützt. Trotzdem nähert er sich in der zentralen Ostsee dem Aussterben, weil Deutschland und die anderen EU-Staaten Jahrzehnte lang viel zu wenig für seine Bewahrung getan haben.
Die bestehenden rechtlichen Regelungen in Deutschland, der EU und internationalen Umweltabkommen fordern alle einen strengen Schutz des Schweinswals und seiner Lebensräume. Dieser strenge Schutz wird durch den weit verbreiteten und weitgehend unregulierten Einsatz von Stellnetzen in deutschen und europäischen Gewässern stark untergraben. Die Fischerei ist die Hauptbedrohung unter einer ganzen Reihe anderer Bedrohungen, die diese Ökosystem-relevanten Tiere kumulativ betreffen. Die Zeit ist überfällig, dies zum Besseren zu ändern.
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