Vom Walfang zur Walbeobachtung

Wenn ich auf dem Rückweg einer Whale Watching-Tour bin, überkommen mich oft allerlei Gefühle und Stimmungen. An manchen Tagen kommt man von seinem Adrenalinrausch gar nicht mehr los, da man es nicht fassen kann, welch faszinierende Begegnungen man mit den Tieren hatte. Manchmal spielt sich das Erlebte – Wale in freier Wildbahn zu sehen – immer und immer wieder im Kopf ab. Meist genügen etwas Wasser, etwas Kleines zum Knabbern und ein Nickerchen, um wieder im „normalen“ Alltag anzukommen. Aber es gibt auch Tage, an denen die Gedanken abschweifen, wenn man auf dem Weg nach Hause vom Boot aus auf das Meer blickt …
Ich bin immer wieder überrascht, wie sehr sich unsere Haltung gegenüber Walen im Laufe der Jahrzehnte verändert hat. Als ich damals als Praktikantin beim Nordamerikanischen WDC-Büro in Massachusetts anfing, traf ich auf Menschen, die aus der ganzen Welt zu diesem Hotspot für Walbeobachtungen anreisten – nur um einmal im Leben diese erstaunlichen Wesen zu sehen.
Es ist verrückt, wenn man bedenkt, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass Menschen nach Massachusetts kamen – nicht um Wale zu beobachten, sondern um die Gelegenheit zu haben, als Besatzungsmitglied auf einem Walfangschiff zu arbeiten. Das berühmteste Walfangschiff „Essex“ lief in Nantucket (Massachusetts) aus, ganz in der Nähe unseres Büros. Die Geschichte der Essex wurde in dem Buch und Film „In The Heart of the Sea“ festgehalten und gilt außerdem als Inspiration für Herman Melvilles berühmte „Moby Dick“ Novelle.
Am 20. November 1820 wurde die Essex von einem großen männlichen Pottwal gerammt und dabei so stark beschädigt, dass das Walfangschiff kurz darauf Schiffbruch erlitt und sank.
Heute ist das 200-jährige Jubiläum des Untergangs der Essex
An diesem Tag möchten wir uns etwas Zeit nehmen, um den erstaunlichen Wandel vom Walfang zur Walbeobachtung zu reflektieren.

Übersicht der Länder, die damals und heute (noch) Walfang betreiben (C) WDC
Leider findet auch heutzutage immer noch Walfang in einigen Ländern der Welt statt. WDC arbeitet jedoch seit vielen Jahren auf den Tag hin, an dem es den Walfang nur noch in Geschichtsbüchern gibt ... (und wenn wir auf der Rückfahrt einer Whale Watching-Tour unseren Gedanken nachhängen). Seit dem Untergang der Essex vor 200 Jahren haben wir so viel mehr über Pottwale gelernt. Sie sind wirklich unglaubliche Tiere.
Hier sind fünf unserer Lieblingsfakten:

(C) Douglas Hoffman
Pottwale haben die größten Gehirne im Tierreich! Ihr Gehirn hat mehr als das fünffache Volumen unseres Gehirns und wiegt fast 9 kg! Zum Vergleich: Das durchschnittliche menschliche Gehirn wiegt gerade mal 1,4 kg. Das Gehirn von Pottwalen ist also über sechsmal schwerer als unseres.

(C) Drew Sutton
Pottwale haben einen riesigen Kopf, der bis zu einem Drittel ihrer gesamten Körperlänge ausmacht. Neben ihrem Gehirn hat ihr Kopf auch einen großen Hohlraum im Inneren, der mit gelblichem Wachs gefüllt ist, das sogenannte Spermaceti-Öl oder Walrat. Dieses Öl war früher sehr wertvoll und ist einer der Gründe, warum Pottwale von Walfänger*innen so zahlreich gejagt wurden.

(C) Getty Images
Pottwale schlafen senkrecht! Alle Wale und Delfine sind "bewusste Atmer", was bedeutet, dass sie über jeden Atemzug nachdenken müssen, den sie machen – auch wenn sie schlafen. Viele Arten schlafen deshalb horizontal direkt unter der Meeresoberfläche. Pottwale hängen jedoch vertikal im Wasser: Dabei schlafen sie nicht stundenlang, sondern (davon gehen Wissenschaftler*innen aus) nur 10-15 Minuten am Stück.

(C) Douglas Seifert
Pottwale sind Zahnwale, haben aber nur Zähne im Unterkiefer! Sie haben 20-26 Zahnpaare und ein einzelner Zahn kann fast 1 kg wiegen. Obwohl sie Zähne haben, benutzen sie diese nicht zum Zerkleinern ihrer Nahrung. Ihre Lieblingsnahrung ist Tintenfisch – den fangen sie zum Beispiel, indem sie ihn in ihr Maul saugen.

(C) Nicola Hodgins
Wenn jemand die Luft anhalten kann, dann Pottwale! Obwohl ihre Tauchgänge im Durchschnitt etwa 45 Minuten dauern, können Pottwale bis zu zwei Stunden lang sehr tief tauchen, um ihre Lieblingsnahrung zu finden. Das bedeutet, dass sie einen Großteil ihrer Zeit in den tiefen, dunklen Gewässern verbringen und sich nur auf ihre Echoortung verlassen, um zu navigieren und ihre Nahrung zu finden.
Für weitere Fakten über Pottwale suchen Sie in den Sozialen Medien nach #Essex200.
Weiter eintauchen?
Wenn Sie mehr über Pottwale, ihre sozialen Bindungen und ihre Kultur erfahren wollen, laden wir Sie herzlich dazu ein, sich unser Interview mit dem weltweit bekannten Pottwal-Forscher Hal Whitehead anzusehen. Anlässlich des 200-jährigen Jubiläums des Untergangs der Essex haben wir mit ihm die damaligen Ereignisse rekapituliert und über seine Forschung zu den faszinierenden Pottwalen gesprochen. Es lohnt sich!
[shariff]
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