Delfinarien in Deutschland: Kampagnenupdate „Frei – mein Zuhause hat keine Wände!“
Das erste Delfinarium von insgesamt elf in Deutschland eröffnete im Jahr 1961. Heute gibt es noch die Anlagen im Tiergarten Nürnberg und im Zoo Duisburg. Um auch die letzten Delfinarien zu schließen, haben wir im Sommer 2019 die Kampagne „FREI – Mein Zuhause hat keine Wände“ gestartet.
Was vielen Besucher*innen nicht bewusst ist: Im Delfinarium Duisburg ist nur das Showbecken zu sehen. Es gibt noch einen Tunnel in die alte Delfinarienanlage. In diesem Teil werden die Delfine, die nicht in der Show auftreten, von der Gruppe isoliert gehalten. So zum Beispiel die Delfine Diego und Darwin: 2016 verbrachten sie dort über ein halbes Jahr allein, bevor sie in ein Delfinarium nach Lanzarote gebracht wurden.

Grundriss des vollständig überdachten Delfinariums in Duisburg
Am 11. Mai 2019 haben wir mit einer Protestaktion im Rahmen von „Empty the Tanks“ vor dem Tiergarten Nürnberg Besucher über die Haltung von Delfinen aufgeklärt. Zusätzlich hatten wir noch etwas für den Tiergarten im Gepäck, das wir gerne persönlich übergeben wollten. Der Tiergarten stand jedoch nicht für eine persönliche Übergabe zu Verfügung und bat uns stattdessen den Briefkasten zu nutzen.
Doch auch der größte Briefkasten hätte 3.300 Origami-Delfinen wohl nicht genug Platz geboten. Der Briefkasten des Tiergartens musste mehrfach ausgeleert werden, um alle 3.300 Botschaften zu übergeben.
Leider hat der Tiergarten diese Aktion gegenüber WDC nicht kommentiert, obwohl wir über verschiedene Kanäle darauf aufmerksam gemacht und um eine Rückmeldung gebeten haben. Zahlreiche Familien und Schulklassen warten bis heute auf eine Reaktion.
Ende Juni 2019 haben wir dann die Kampagne „FREI – Mein Zuhause hat keine Wände“ offiziell gestartet. Unsere Kampagnenseite mit dem Protest ging online und wir haben auf unserem Blog über das Schicksal einzelner Delfine in Gefangenschaft informiert. Gleichzeitig verliehen wir unserer Forderung nach einem Transport- und Zuchtstopp in einem Brief an Direktorin Stewin (Zoo Duisburg) und Direktor Encke (Tiergarten Nürnberg) noch einmal Nachdruck.
Politische Hintergrundgespräche
Am 4. Juli hielt ich in Erlangen, der Nachbarstadt Nürnbergs, einen Vortrag über die Delfinhaltung in Deutschland. Ich habe den Besuch ebenfalls genutzt, um mit lokalen Politiker*innen zu sprechen. Dies waren nicht die einzigen Gespräche mit Entscheidungsträger*innen. Immer wieder sprach ich mit Mitgliedern des Deutschen Bundestags und Ministerien, um die langfristige Schließung der letzten beiden Delfinarien in Deutschland einzufordern.

David Pfender mit Delfinarien-Hintergrundbericht vor dem Deutschen Bundestag
WDC präsentiert Ergebnisse der Nürnbergstudie in Barcelona
Im Dezember 2019 haben wir einen weiteren Meilenstein erreicht: Bei der weltweit größten wissenschaftlichen Konferenz über Meeressäuger präsentierten wir die Ergebnisse unserer Aktenauswertung. Hierfür haben wir Haltungsdaten aus 18 Jahren (1989 - 1991 und 2000 – 2014) aus dem Tiergarten Nürnberg analysiert.
Diese Untersuchung wäre ohne die vielen Unterstützer*innen und Partner*innen nicht möglich gewesen, die uns über Jahre bei der Auswertung geholfen haben.
Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick:
- Der Tiergarten Nürnberg dokumentiert die Haltung uneinheitlich, inkonsistent, anekdotisch. Mit wissenschaftlicher Protokollierung hat das was wir gelesen haben, nichts zu tun. Diese Protokollierung kann ein Risiko für die Delfine sein und verhindert präventive Analysen über das Wohlbefinden der Tiere.
- Den Delfinen wurde eine Reihe verschiedener Medikamente verabreicht, wobei Diazepam am häufigsten eingesetzt wurde (über 600 mal dokumentiert). Darauf folgen Medikamente gegen Pilzerkrankungen, Antibiotika und Hormone.
- In den Aufzeichnungen taucht Diazepam häufig mit einem Hinweis auf Stress, Lärm, Transport, Fressverhalten und Aggressionen zwischen den Delfinen auf. Aus den Akten ging nicht hervor, warum Diazepam genau eingesetzt wurde. Zur Appetitanregung? Oder zur "Beruhigung?
- In zahlreichen Fällen wird aggressives Verhalten unter den Delfinen beschrieben, das beispielsweise zu einem gebrochenen Kiefer, Verletzungen von Augen und Haut sowie blauen Flecken geführt hat. Auch ihre Trainer*innen wurden von den Delfinen verletzt.
- Insgesamt gab es im Untersuchungszeitraum 18 Delfintransporte von und nach Nürnberg.
- Während des Untersuchungszeitraums wurden acht Delfine geboren. Sechs lebten nur eine sehr kurze Zeitspanne; das Jungtier von Nynke überlebte zum Beispiel nur einen Tag.
Delfinarien in Deutschland – das gibt es noch?
Wenn ich Menschen von meiner Arbeit berichte, bekomme ich oft zu hören, dass es sich doch bestimmt um eine internationale Tätigkeit handeln müsse, weil es doch in Deutschland keine Delfinarien mehr gibt. Vielen ist also gar nicht bewusst, dass Deutschland im internationalen Vergleich Nachzügler ist – denn in der Schweiz, Finnland und Österreich wurden die letzten Delfinarien schon vor langer Zeit geschlossen. Um die Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass hier Handlungsbedarf besteht, haben wir im Januar 2020 einen Hintergrundbericht über Delfinarien in Deutschland veröffentlicht. Auch die Süddeutsche Zeitung hat in der Wochenendausgabe Ende Januar 2020 über die letzten deutschen Delfinarien und unseren Bericht geschrieben.
Unser Protest zeigt Wirkung
Mehr als 6.000 Personen haben unseren Protest bereits unterstützt. Das zeigt, wie vielen Menschen in Deutschland die Delfine am Herzen liegen.
Deshalb haben wir auch eine Rückmeldung der Delfinarien auf die vielen Protestmails und Postkarten erwartet. Doch wir mussten die beiden Delfinarien noch mehrfach zu einer Antwort auffordern. Zunächst wurde behauptet, dass den Zoos die Proteste nicht bekannt seien. Erst als wir den Verantwortlichen eine Chronologie über den bisherigen Protestverlauf präsentiert haben, wurde uns eine Stellungnahme zugeschickt. Darin haben uns die beiden Delfinarien mitgeteilt, dass sie keinen Handlungsbedarf sehen und an der Delfinhaltung nichts verändern werden.
Wir haben noch viel Arbeit vor uns!
Deshalb werden wir auch in Zukunft mit Politiker*innen sprechen, die Öffentlichkeit über die Delfinhaltung aufklären und den kritischen Diskurs mit den Delfinarien-Befürworter*innen aufrechterhalten, bis wir die Delfinhaltung in Deutschland, Europa und dem Rest der Welt beendet haben.
Dafür benötigen wir Ihre Hilfe. Teilen Sie unsere Protestaktion und das YouTube-Video!
Nur gemeinsam können wir dafür sorgen, dass auch in Deutschland die letzten beiden Delfinarien Zucht und Delfintransporte endlich einstellen.
Jetzt Protest unterzeichnen!
Schreiben Sie an die letzten beiden Delfinarien in Deutschland!