Challenge Ja(hr) zu weniger Plastik: ein Interview mit dem Speisecafé Rigoletto

Franziska Gruber: Super, dass Ihr bei unserer Challenge mitmacht! Im Rigoletto wird schon lange darauf geachtet, dass unnötiges Plastik vermieden wird und auch mit einer Info-Veranstaltung über Coffee to go again in Kooperation mit WDC bei Euch im Café habt Ihr versucht, auf das Thema aufmerksam zu machen.
Warum hast Du keinen Moment gezögert, als ich Dich gefragt habe, ob das Rigoletto bei unserer Challenge dabei sein will?
Sabine Pour, Geschäftsführerin: Weil ich grundsätzlich davon überzeugt bin, dass wir mit den natürlichen Ressourcen anders umgehen müssen. Wir haben seit letztem Jahr an verschiedenen Schrauben gedreht und ich denke mit sichtbarem Erfolg! Das war nicht einfach. Die Entscheidung Plastik einzusparen, hat eine Menge Auswirkungen auf die internen Abläufe. Alle Mitarbeiter*innen müssen geschult werden. Wir haben zum Beispiel von kleinen, in Plastik abgepackten Marmeladen und Honig umgestellt auf Marmeladen und Honig in Gläsern, die wir dazu in Schälchen abfüllen – mittlerweile gibt es bei uns auch nur noch selbstgemachte Marmelade und Münchner Honig. Wir verkaufen verschiedene Münchner Honigsorten im Glas auch direkt an unsere Kund*innen und unterstützen so die Stadtimker*innen. Wir haben es geschafft, jährlich rund 1.500 kleine Marmeladen- und Honigverpackungen aus Plastik einzusparen.
Gemeinsam sind wir vor einem halben Jahr die WDC-Checkliste zur Challenge durchgegangen. Gab es da ein Aha-Erlebnis für Dich?
Sabine Pour, Geschäftsführerin: Dass Plastik einfach überall ist: im Büro, in der Küche, im Verkauf. Mir ist auch bewusst geworden, wieviel Putzmittel-Plastikflaschen ausmachen. Jetzt versuchen wir, weniger Tensid-intensiv und mehr mit Essigessenz zu putzen. Im Büro verwenden wir mittlerweile Klebeband auf Papierbasis statt Tesa und Umweltpapier für die Speisekarten.
Was habt Ihr durch unsere Liste verändert und auf welche Lösungen seid Ihr besonders stolz?
Sabine Pour, Geschäftsführerin: Konventionelle Lieferanten sind, was Plastik betrifft, eine Katastrophe, das gilt zumindest bis auf wenige Ausnahmen. Bei den Biolieferanten lasse ich aber nicht locker. Ich habe letzten Sommer jede Woche dort angerufen und habe gesagt, dass wir gerne mehr frische Beeren bestellen würden – vorausgesetzt, sie sind nicht doppelt in Plastikschälchen verpackt. Bis zum Ende der Beerensaison haben sie es dann geschafft auf Pappschächtelchen umzustellen. Das zeigt: dranbleiben ist mühsam, aber lohnt sich! Je mehr Menschen im Supermarkt plastikfreie Produkte einkaufen, desto schneller werden sich die Hersteller umstellen. Auch freundlich-kritisches Nachfragen verändert das Angebot.
Wie reagieren die Cafébesucher*innen auf die Veränderungen?
Sabine Pour, Geschäftsführerin: Seit letztem Jahr gibt es keine Plastikstrohhalme mehr bei uns. Vorher lag der Verbrauch bei mehreren tausend im Jahr. Statt Plastikstrohhalmen Makkaroni zu verwenden, war sogar eine Werbung fürs Rigoletto. Mittlerweile machen das ja viele. Es hat sich auch niemand darüber beschwert, dass es keine Plastikdeckel mehr zu den Coffee to go-Bechern gibt. Wenn wir den Grund nennen, stimmen die meisten Kund*innen zu. Unser Regal mit den Tassen, von denen man sich eine nehmen und dann wiederbringen kann, kommt bei den Stammkund*innen gut an. Immer mehr bringen ihre eigene Tasse oder ihren eigenen Becher mit und sparen dadurch auch 20 Cent pro Kaffee zum Mitnehmen. Ich finde, wir haben auch eine Vorbildfunktion – wir dürfen nur nicht zu besserwisserisch rüberkommen, sondern müssen zeigen, dass durch ein bisschen Nachdenken schon einiges an Plastik eingespart werden kann.
Was plant Ihr als nächstes und welches Problem beim Plastikvermeiden bereitet Euch noch Bauchschmerzen?
Sabine Pour, Geschäftsführerin: Ein großes Problem sind noch die Mülltüten aus Plastik. Bei den Speiseresten können wir sie weglassen und diese direkt in die Biotonne kippen. Beim Restmüll ist das schwieriger. Wir verzichten aber auf Mülltüten, wo es geht: der Papier- und der Plastikmülleimer sind natürlich ohne Plastikmülltüten. Außerdem verwenden wir die Plastiktüten, in denen gefrorene Semmeln abgepackt sind, als Müllbeutel für den Restmüll wieder. Obst- und Gemüsereste aus der Küche kommen teilweise auf unseren eigenen Kompost, der dann wiederum die Erde für die Pflanzen in den Kübeln auf unserer Terrasse liefert.
Was ist Dein größter Wunsch in Bezug auf weniger Plastik?
Sabine Pour, Geschäftsführerin: Dass das Verständnis dafür, dass Plastik ein Riesenproblem ist, noch mehr durch die Gesellschaft sickert und dass die Plastikvermeidung selbstverständlich wird.
Was ist Dir noch zum Thema wichtig?
Sabine Pour, Geschäftsführerin: Wir versuchen ja nicht nur in Bezug auf Plastik, sondern generell nachhaltig zu wirtschaften. Bei den Kerzen bestellen wir jetzt welche, die umweltfreundlicher produziert werden. Unsere Küche ist weitgehend regional und saisonal. Im Winter gibt es bei uns keine Tomaten und Gurken, sondern Wintersalate, Karotten, Weiß- und Blaukraut als Salat. Für die Köche ist das dekorationsmäßig erst mal eine Umstellung – die Kund*innen finden es aber gut, falls es ihnen auffällt.
Wir haben letztes Jahr angefangen, in den Pflanzkübeln rund um unsere Terrasse unsere eigenen Cocktailtomaten anzubauen, am Schuppen daneben konnten wir Trauben ernten und auch mit Bohnen haben wir experimentiert. Die Gäste freuen sich, wenn sie sehen, was alles auch in der Stadt angebaut werden kann. Wir versuchen, zu erhalten und upzucyceln, was geht. Wir hätten unsere Tische und Stühle für draußen von der Brauerei ersetzt bekommen, stattdessen haben wir sie selbst abgeschliffen und neu lackiert. Und ein alter Holzschreibtisch dient draußen auf der Terrasse mit Blumen oben drauf als Deko und als Anziehungspunkt für Bienen. Auch so versuchen wir, unser Profil zu schärfen.
Danke für das Gespräch und Euren Einsatz!