Umweltbewusst einkaufen – eine Herausforderung?
Beim Einkauf die richtigen Entscheidungen für den Umweltschutz zu treffen, das ist ein guter Vorsatz, der oft nur mit viel Hintergrundwissen umsetzbar ist. Für die Umwelt spielt es nicht nur eine Rolle ob das gewünschte Produkt in Glas, Plastik oder Papier eingepackt ist: Für die Berechnung der Ökobilanz eines Produktes müssen viele Aspekte berücksichtigt werden. So viele, dass mir manchmal der Kopf schwirrt und ich ratlos vor dem Supermarktregal stehe. Da hilft nur lesen, informieren und neugierig bleiben. Damit uns die Ratlosigkeit beim Einkaufen zukünftig erspart bleibt, habe ich hier ein paar Irrtümer zusammengefasst, die uns beim Einkaufen gerne unterlaufen.
Irrtum #1: Papiertüten sind besser als Plastiktüten
Eine Plastiktüte wird im Schnitt 25 Minuten lang verwendet, bevor sie entsorgt wird. Das ist nicht sehr ökologisch – so viel ist klar. Der Rohstoff für die Plastikerzeugung ist Erdöl und das Material ist nicht organisch abbaubar. Zusätzlich ist das dünne Plastik der Tüten nicht recycelbar und die allermeisten Tüten landen am Ende in der Müllverbrennungsanlage.
Aber ist der Umwelt geholfen, wenn die großen Supermärkte auf Papiertüten umstellen? Nicht unbedingt. Das hängt davon ab, wie oft wir die gekauften Papiertüten wiederverwenden. Denn ihre Herstellung verschluckt doppelt so viel Energie wie die von Plastiktüten. Hinzu kommt die deutlich höhere Belastung von Luft und Wasser durch Stickoxide, Schwefeldioxide und andere Chemikalien, mit denen die Zellstofffasern behandelt werden. Ob Papiertüten im Einzelfall besser oder schlechter sind als Plastiktüten, hängt am Ende stark von der Lebensdauer, den verwendeten Rohstoffen (Altpapier, Recyclingkunststoff) und der Art der Entsorgung ab. Am meisten ist der Umwelt geholfen, wenn wir die gleiche Stofftasche immer wieder verwenden und auf Wegwerftüten egal welcher Art verzichten.
Irrtum #2: Mineralwasser in Glasflaschen schützt die Umwelt
Ob die Mehrweg-Glasflasche die beste Wahl in Sachen Umweltschutz ist, hängt stark davon ab, welche Transportwege sie zurücklegen muss.
PET-Einwegflaschen (die im Recyclingprozess landen) werden nach einmaligem Gebrauch in Plastikteilchen zerschnitten und in einem energieaufwendigen Verfahren zu Plastikgranulat, Folien oder Synthetikfasern weiter verarbeitet. Ihre Energiebilanz fällt sehr schlecht aus.
Mehrweg-Kunststoffflaschen bringen den Nachteil mit sich, dass sie ca. 25-mal ausgewaschen werden müssen, bevor sie wiederverwendet werden können. Die Aufbereitung verschlingt daher große Mengen an Wasser. Nach maximal 25 Durchläufen muss eine Mehrweg-Kunststoffflasche aus dem Verkehr gezogen werden, bevor das Material zu porös wird.
Mehrweg-Glasflaschen hingegen können nach einem bis zwei heißen Waschgängen wieder befüllt werden und durchlaufen in der Regel ca. 50 Wiederbefüllungen. Doch ihr Eigengewicht ist hoch und weite Transportwege schrauben den CO₂-Fußabdruck einer Glasflasche sehr schnell nach oben.
Zusammengefasst kann man daher sagen: Trinkwasser aus dem Wasserhahn ist die beste Lösung für die Umwelt! Alternativ empfiehlt sich Wasser aus Glasflaschen, die einen möglichst kurzen Transportweg zurücklegen mussten. Den kurzen Transportweg sollte man auch beim Kauf von Bier und anderen Getränken beachten. Ein kleiner Tipp zur Rückgabe von Pfandflaschen: Lassen Sie den Deckel drauf, das schützt den Flaschenhals. Wenn die Flaschen länger unbeschädigt bleiben, können sie öfter wiederverwendet werden.
Irrtum #3 Haltbare Lebensmittel im Glas sind umweltfreundlicher
Ja, Glas lässt sich gut recyceln. Das Material erleidet im Recyclingprozess keinen Qualitätsverlust und Glas gibt – im Gegensatz zu Kunststoff oder kunststoffbeschichteten Dosen – keine giftigen Weichmacher an Lebensmittel ab. Doch leider ist die Wiederverwendung von Einwegglas im Gegensatz zum Mehrwegglas sehr energieaufwendig. Glasflaschen und Gläser die nur einmal benutzt werden – wie es bei Wein, Olivenöl oder Gurken im Glas der Fall ist – schneiden in Sachen Umweltfreundlichkeit schlecht ab. Der Energieaufwand bei der Herstellung ist immens: Glas besteht aus Sand, Kalk und Soda und schmilzt erst bei Temperaturen von 1.500 Grad Celsius. Außerdem schlägt das hohe Eigengewicht von Glas, wie schon bei den Mehrweg-Glasflaschen, negativ zu Buche.
Auch die Dose hat eine schlechte Umweltbilanz. Ihre Herstellung ist sehr energieintensiv, das Recycling kompliziert. Weißblechdosen enthalten daher zum Beispiel einen sehr geringen Anteil an Recyclingmaterial: nur sechs Prozent!
Mein persönliches Fazit lautet daher: jegliches Plastik zu vermeiden und stattdessen zu Aluminium und Glas zu greifen ist nicht die Lösung. Ich versuche, Verpackungen aller Art zu vermeiden und Gurken, Mais und andere Lebensmittel lose einzukaufen.
Liste mit verpackungsfreien Supermärkten
Irrtum #4 Bioplastik aus nachwachsenden Rohstoffen ist die Lösung
Bioplastik, das könnte die Lösung des Problems sein. Oder? Es hat alle positiven Eigenschaften von Plastik (leicht, flexibel einsetzbar, etc.) und besteht aus einem nachwachsenden Rohstoff. Aber so einfach ist die Lösung leider nicht. Bioplastik aus nachwachsenden Rohstoffen wird aus Lebensmitteln wie Mais, Maniok oder Zuckerrüben hergestellt. Beim Anbau dieser Pflanzen für die Plastikproduktion gehen wichtige Anbauflächen für die Lebensmittelproduktion verloren und es werden große Mengen an Düngemittel eingesetzt, die Böden und Gewässer belasten. Außerdem gehen durch die großen Anbauflächen und Monokulturen wichtige Lebensräume für viele Insekten, Vögel und andere Tiere verloren.
Immerhin: Bei der sogenannten „energetischen Verwertung“, der Verbrennung also, ist Biokunststoff aus nachwachsenden Rohstoffen etwas klimafreundlicher als herkömmliches Plastik. Denn es wird dabei nur so viel CO₂ freigesetzt, wie das pflanzliche Ausgangsmaterial gespeichert hatte – deutlich weniger, als bei erdölbasierten Materialien.
Wichtig ist außerdem zu wissen, dass kompostierbare Biokunststoffe nicht unbedingt auf nachwachsenden Rohstoffen basieren müssen (oft steckt in ihnen auch Erdöl). Die Bedingungen, unter denen „kompostierbare Biokunststoffe“ verrotten, werden in den Kompostieranlagen unserer Städte nicht erfüllt. Das heißt: Biokunststoffbeutel gehören NICHT in die Biotonne sondern in den Restmüll.