Warum WDC sich gegen Luxus-Schnorchelsafaris mit Walen ausspricht
Träumen Sie davon, dem Winter zu entkommen und stattdessen ein Abenteuer in der Sonne zu erleben? Wenn ja, sind Sie damit nicht alleine. Sobald die dunklen Nächte einbrechen, beginnen viele von uns unvermeidlich damit, eine Flucht in die Sonne oder zumindest ein Winterabenteuer zu planen. Eine Auszeit am Meer ist dabei besonders verlockend.
Whale Watching ist bei diesen Reisen eine große Herausforderung und WDC fördert seit langem die verantwortungsvolle Beobachtung. Zunehmend werden Reisende jedoch von der Möglichkeit angelockt, mit Walen und Delfinen ins Wasser zu gehen. Heutzutage ist es möglich, mit den unterschiedlichsten Arten zu schnorcheln, von Küstendelfinen bis hin zu Großwalen wie dem Blau-, dem Pott- und dem Buckelwal. Wenn es toll ist, die Tiere vom Boot aus zu beobachten, dann muss es doch noch besser sein, mit ihnen gemeinsam im Wasser zu sein?
Falsch. Sie werden überrascht sein, zu erfahren, dass WDC aus guten Gründen dringend davon abrät, mit Walen und Delfinen ins Wasser zu gehen.
Wenn wir mit Walen und Delfinen im Wasser sind, dann vergessen wir vor lauter Aufregung und Freude, dass wir ihr Reich als ungebetene Gäste betreten und unsere Anwesenheit nicht immer willkommen ist.
Anbieter von Schwimmtouren müssen mit ihren Booten viel näher an die Tiere herankommen als Walbeobachter, damit sie ihre Kunden neben den Walen absetzen können. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit von Störungen oder sogar Kollisionen. Wissenschaftler haben Störungen im Alltag von Walen und Delfinen in Regionen dokumentiert, in denen Menschen mit ihnen ins Wasser gelassen werden.
Diese Störungen können dazu führen, dass Wale und Delfine wertvolle Energie verschwenden. Außerdem können sie besonders schädlich für weibliche Wale im gebärfähigen Alter und für Mütter mit Babys sein. Einige Delfinpopulationen haben ihren gewohnten Lebensraum sogar zugunsten ruhigerer Gebiete verlassen. Mit der Zeit können wiederholte Störungen sogar langfristige Auswirkungen auf die Gesundheit und den Fortpflanzungserfolg einer Population haben.
Auch aus menschlicher Perspektive gibt es Bedenken. Wale und Delfine sind sehr groß und kräftig. Sie können unvorhersehbar reagieren – dies gilt insbesondere für Mütter mit ihrem Nachwuchs. Dabei können sie Schnorchler im Wasser verletzen, wenn sie zu nah an ihre Flossen kommen oder sie sich in irgendeiner Weise bedroht fühlen. Das kann sowohl absichtlich als auch unbeabsichtigt passieren. Beachten Sie auch, dass die Touren nicht immer durch eine Reiseversicherung abgedeckt sind.
Noch weniger bin ich persönlich von dem wachsenden Trend begeistert, dass „berühmte“ Unterwasserfotografen denen, die es sich leisten können, die Möglichkeit bieten, „hautnah“ und „persönlich“ an Wale heranzukommen.
Einige dieser von Spezialisten geführten Kleingruppensafaris zielen auf Luxusreisende ab und verlangen tausende von Euros. Zusätzlich zu den oben genannten Punkten können diese Touren möglicherweise folgende Probleme auslösen:
Die Grenze zwischen kommerziellen Trips und professionellen Film- oder Forschungstouren verschwimmt: Erstens scheinen diese maßgeschneiderten Touren oft irgendwo an der unscharfen Grenze zwischen kommerziellen Schwimmtouren und professionellen Drehreisen zu liegen. In vielen Regionen sind kommerzielle Schwimmtouren mit Walen verboten und oft ist die einzige Möglichkeit, diese Vorschrift zu umgehen, eine Film- oder Forschungsgenehmigung zu beantragen. „Zufällig“ werden dann drei oder vier zahlende Passagiere mitgenommen, manchmal als sogenannte „Assistenten“. Andere Anbieter von Schwimmtouren nutzen Regionen, in denen es entweder keine Vorschriften gibt oder diese nicht ordnungsgemäß durchgesetzt werden.
Ein Lippenbekenntnis für die „Forschung“: Einige der Anbieter berechnen einen Aufschlag mit der Behauptung, dass die Fahrgäste zu „essentieller Forschung“ beitragen würden. In vielen Fällen ist dies nichts anderes als eine Farce, da bedeutsame Forschung für Amateure unter diesen Bedingungen schlichtweg nicht möglich ist.
Spannungen in der lokalen Whale Watching Community: In den meisten Regionen ist es einfach nicht praktikabel, dass Schwimmtouren und Beobachtungstouren koexistieren. Lokale Betreiber, die ein eindeutiges Interesse am Schutz der marinen Tierwelt haben und deren Lebensunterhalt davon abhängt, sind verständlicherweise verärgert. Die Betreiber luxuriöser Schnorchel-Touren werden von ihnen als wohlhabende Außenstehende angesehen, die während der Hochsaison in ihr Revier einkehren, kleinere, wendigere Boote benutzen und die lokalen Bootsführer verdrängen, von denen viele versuchen, die Richtlinien einzuhalten.
Ich konnte auf Sri Lanka den lauten Schlagabtausch zwischen lokalen Betreibern und Luxusreisen -Anbietern miterleben. Die lokalen Betreiber wurden zuvor im verantwortungsvollen Umgang mit Schiffen geschult und waren verständlicherweise empört darüber, von einem Luxusreise-Anbieter verdrängt zu werden, der seine Kunden direkt neben einem Blauwal absetzen wollte!
Auch vor Nordnorwegen besteht immer die Gefahr für Spannungen zwischen Walbeobachtungs-Betreibern und luxuriösen Fotografie/Schnorcheln-mit-Orcas-Touren. Norwegen benötigt dringend offizielle Walbeobachtungsvorschriften. Glücklicherweise halten sich viele lokale Betreiber an die ausgezeichneten, von Visit Tromso empfohlenen Richtlinien. Diese raten eindringlich von Schwimm-Touren ab und Visit Tromso weigert sich, derartige Anbieter zu bewerben.
Es besteht jedoch stets die Befürchtung, dass Betreiber, die die Richtlinien einhalten, sich von der Konkurrenz überholt fühlen: Potentiell hohe Gewinne und wirtschaftlicher Druck können dazu führen, dass sie selbst solche Touren anbieten. Sie sehen, wie ausländische Betreiber die Tatsache ausnutzen, dass das Schnorcheln mit Walen in norwegischen Gewässern nicht verboten ist.
Die jeweiligen Gemeinden werden nicht gefördert: Die Luxustouren sind alles andere als billig – zum Beispiel wird derzeit eine achttägige Reise zum Tauchen mit Orcas vor Norwegen zu einem Preis von 6.500 US-Dollar pro Person angeboten, ohne Flüge. Schnorcheln mit Pottwalen vor der dominikanischen Küste kostet 7.500 US-Dollar – ohne Flüge. Eine ähnliche Reise mit dem Schwerpunkt auf Blauwale vor Sri Lanka kostet 8.360 US-Dollar, während das Schnorcheln mit Südatlantischen Glattwalen vor Patagonien 4.950 US-Dollar kostet.
Die meisten dieser maßgeschneiderten Touren nutzen ausländische Reiseleiter, die von ausländischen Reiseveranstaltern gebucht werden. Oft nutzen diese Luxushotelketten und lagern sogar den Bootsverleih auf außerhalb der Region aus. Nicht selten sind verarmte Küstengemeinden in Entwicklungsregionen unfreiwillige Gastgeber dieser Gruppen, ohne dass sie wirtschaftlich viel davon hätten. Vom Gewinnanteil profitieren lokale Schutzprojekte selten oder nur mit geringem Anteil.
Risiken in Bezug auf die Kundensicherheit: Oft wird wenig Aufwand betrieben, um sicherzugehen, dass die Kunden über gute Kenntnisse im Wasser verfügen. Einige Betreiber geben an, dass keine Erfahrung notwendig ist. Viele Begegnungen finden jedoch in tiefen, dunklen oder eisigen Gewässern statt, in denen die Kombination aus starken Strömungen und Wellen sowie die Anwesenheit anderer Schiffe einen unerfahrenen Schwimmer schnell ermüden und zu Panik führen könnte.
Selbst in Trockenanzügen können die eisigen arktischen Gewässer vor Norwegen gefährlich sein. Die Meeresbedingungen dort sind extrem, Orcas sind groß und schnell. Letztes Jahr erzählte ein Experte: „Ich würde sagen, dass dieses Phänomen allmählich außer Kontrolle gerät. Das ist fürchterlich mit anzusehen. Vor ein paar Tagen stieß ich auf zwei Schnorchler, 300 Meter von ihrem Boot entfernt. Ich sah ihre beiden Köpfe im Wasser kaum und hätte sie leicht überfahren können.“ Diese Sorge wurde von einem in Norwegen lebenden WDC-Unterstützer geäußert, der Taucher im Halbdunklen ohne Licht in der Nähe einer geschäftigen Hafenmündung beobachtete. Sie waren dort großer Gefahr ausgesetzt, von einem Schiff getroffen zu werden. Orcas nähern sich außerdem oft Fischerbooten. Wenn Schnorchler in der Nähe sind und den Walen folgen, besteht ein hohes Risiko für ihre Sicherheit, besonders bei wenig Tageslicht in der Arktis.
Sicherheit ist auch vor Sri Lanka ein Problem, da Blauwale – die größten Lebewesen unseres Planeten – in tiefen Gewässern vor Mirissia im Süden anzutreffen sind, wo der Kontinentalschelf dicht an Land grenzt. Der Lebensraum der Wale deckt sich mit einer der verkehrsreichsten Schifffahrtsrouten der Welt. Zunehmend werden auch Pottwale zum Ziel der Schnorcheltouren. Sie versammeln sich in tiefen Gewässern einige Meilen vor Kalpitiya im Nordwesten, um sich zu paaren und Artgenossen zu treffen.
Da immer mehr Reisen zu immer exotischeren Orten angeboten werden, muss dringend etwas unternommen werden. Das Meer hat sich vielerorts zu einem außer Kontrolle geratenen Spielplatz für Reiche entwickelt – auf dem die lokalen Gemeinden und natürlich die Wale und Delfine die Schwächeren sind. Ich befürchte, dass die zunehmend chaotische Situation ohne Vorschriften, insbesondere ein Verbot von Schwimm-Touren, eskalieren wird.
Ich hoffe, Sie haben genug gelesen, um sich nicht vom Marketing rund um diese Reisen beeinflussen zu lassen. Die respektvolle Art, Wale und Delfine zu beobachten, ist von einem verantwortungsbewusst geführten Walbeobachtungsboot aus.