Interview mit BRITA: Plastikvermeidung im großen Stil
Auch der Trinkwasserfilterhersteller BRITA hat sich bereit erklärt, an der WDC-Challenge Ja(hr) zu weniger Plastik teilzunehmen und unnötiges Einwegplastik im Betrieb einzudämmen. In diesem Interview berichtet Sabine Rohlff, wie man als internationale Firma im großen Stil Plastik einsparen kann.
WDC: Mit Hilfe unserer Checklisten für Unternehmen haben wir gemeinsam versucht, unnötiges Plastik im Betrieb von BRITA aufzudecken. Was hat Sie am meisten überrascht?
Sabine Rohlff/BRITA: Seitdem wir uns für die Kampagne „Weniger Plastik ist Meer“ engagiert haben, ist bei mir – wie wohl bei allen BRITA-Mitarbeitern – das Bewusstsein für die ständig wachsende allgegenwärtige Vermüllung mit Plastik noch einmal massiv geschärft worden. Das führte dazu, dass ich gemeinsam mit Meike Rapp, Manager Sustainability von BRITA, mit einer sehr kritischen „Brille auf der Nase“ die Bestandsaufnahme an unserem Hauptsitz in Taunusstein begonnen habe. Und wir waren selbst überrascht, wie viel wir bereits tun. Zum Beispiel nutzen wir natürlich unsere eigenen Produkte, insbesondere leitungsgebundene Wasserspender, um unseren Mitarbeitern kostenlos gefiltertes oder gesprudeltes Wasser zur Verfügung zu stellen, das in Gläser oder Glaskaraffen abgefüllt wird. Auch im Büro- und Tagungsbereich sowie in der Kantine, die auch von Gästen genutzt wird, kommen sie zum Einsatz. Damit sparen wir bereits eine riesige Menge Plastik ein. Im Bürobetrieb haben wir in den vergangenen Jahren bereits einiges verändert: Büromaterial wie Versandtaschen sind aus Papier, Ordner aus Pappe. Versandtaschen für den internen Postverkehr sind ebenfalls aus Papier und werden lange wiederverwendet. Alte Ordner und Schnellhefter sowie Sicht- und Prospekthüllen aus Plastik werden nicht mehr nachbestellt, sondern ausschließlich alte Exemplare lange wiederverwendet. Insgesamt streben wir aber ohnehin an, künftig in den Büros möglichst papierlos und insgesamt ressourcenarm zu arbeiten. In der Produktion, wo mengenmäßig die meisten Abfälle anfallen, haben wir schon viele Maßnahmen umgesetzt, um Plastik zu sparen. Zum Beispiel werden Folien sortenrein getrennt oder gehen – soweit Hygienevorschriften es zulassen – auch an den Lieferanten zur Wiederverwendung zurück.
WDC: In welchen Bereichen hat sich am meisten verändert: Kantine, Produktion oder Büro?
Sabine Rohlff/BRITA: Durch unser systematisches Umweltmanagement sowie kontinuierliche Verbesserungsprozesse wie unser BEST-Programm im Produktionsbereich versuchen wir, alle Bereiche gleichermaßen anzugehen. Manchmal sind es ja auf den ersten Blick kleine Schritte, die auch leicht umzusetzen sind – und man stellt beim genaueren Hinsehen fest, wie wirkungsvoll das ist, wenn man es wirklich tut. Ein simples Beispiel: In unserem firmeneigenen Sensoriklabor wird in zahlreichen Panels Wasser verkostet. Hier haben wir die Einwegplastikbecher, die dafür eine übliche Lösung sind, abgeschafft bzw. durch Gläser ersetzt. Da sprechen wir immerhin von 15.000 Stück pro Jahr!
Durch einen Trinkwasserspender können in einem Unternehmen mit bis zu 100 Mitarbeitern 506kg Müll pro Jahr eingespart werden. Weitere Informationen dazu gibt es hier in einer Publikation des Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz.
WDC: Beschäftigt Sie und Ihre Kollegen das Thema Plastik nun auch über den Arbeitsalltag hinaus? Fällt Ihnen Plastikmüll in der Natur mehr auf, verzichten Sie im Urlaub auf Strohhalme?
Sabine Rohlff/BRITA: Wenn ich das mal aus meiner persönlichen Perspektive beantworte, ja, das tut es. Mitarbeiter von BRITA Großbritannien, von BRITA Spanien und BRITA Japan haben sich bereits bei entsprechenden Aufräumaktionen in ihrem lokalen Umfeld betätigt. In China, wo der Umweltschutzgedanke noch nicht richtig Fuß gefasst hat, hat unsere örtliche Tochtergesellschaft interne Veranstaltungen gemacht, um in einem ersten Schritt ihre Mitarbeiter zu sensibilisieren. Und ich sehe schon heute eine großen Zahl von Kollegen, die Nachhaltigkeitsthemen z.B. beim Mittagessen in der Kantine oder an einem Stehtisch in den Loungeecken diskutieren und Tipps austauschen.
Wobei man ja auch ehrlich gesagt an dem Plastikmüll in der Natur – oder z.B. an den schönsten Stellen meines Wohnorts Frankfurt – gar nicht mehr vorbeischauen könnte, selbst wenn man wollte. Wenn ich morgens, insbesondere am Wochenende nach den langen, warmen Sommernächten mit Tausenden von Picknickenden am Mainufer meine Laufrunde mache, dann sind Rasenflächen und Gehwege übersät mit Plastik-, Glas- und Papiermüll, der natürlich auch schnell ins Wasser eingetragen wird. Und das ist so, obwohl große, mit aufmerksamkeitsstarken Hinweisen bedruckte Mülltonnen direkt daneben stehen. Ohne eine Aufklärungskampagne, vielleicht mit „Müllbotschaftern“, die auch mal die Leute ansprechen und bitten, diese Mülleimer auch zu nutzen, wird sich das wohl nicht ändern. Da der Frankfurter nicht auf den Mund gefallen und auch eher zupackend ist, sehe ich schon den einen oder anderen eigeninitiativ einen Müllsünder ansprechen oder sich als Aufräumer betätigen.
Strohhalme, Plastikbecher… seit Jahrzehnten nicht mehr. Und ansonsten bemühe ich mich, so viel wie möglich verpackungsfrei zu kaufen, z.B. auf dem Wochenmarkt oder in den entsprechenden Geschäften, nutze meine alte Strohtasche für den Transport und bin auch zum (wunderbaren handgefertigten) Seifenstück statt Dosierflaschen mit Duschgel oder Flüssigseife zurückgekehrt. Das ist sogar ein richtiger Genuss! Und natürlich sind meine BRITA Trinkflasche fill&go oder meine kleine Thermoskanne meine ständigen Begleiter. Das ist sicher nur ein kleiner Beitrag, aber da kann ich wenigstens selbst was bewegen.
WDC: Wir haben Listen mit Tipps für weniger Plastik auf Reisen oder in der Küche zusammengestellt, die Unternehmen mit ihren Mitarbeitern teilen können. Wie kamen diese Tipps bei Ihnen und Ihren Kollegen an?
Sabine Rohlff/BRITA: Wie schon gesagt, ich glaube, Tipps sind das A und O. Es ist ja oft einfach eine alternative Lösung zu finden – man kommt nur nicht immer alleine darauf. Da machen solche Listen schon sehr viel Sinn! Um noch einmal zum Anfang unseres Gesprächs zurück zu kommen: Es war auch ein tolle Überraschung, wie stark Kollegen auf Eigenintiative Veränderungen anstoßen.
Wir haben die Tipps in unserem internen Corporate Responsibility Newsletter abgedruckt, der alle Mitarbeiter erreicht. Ich bin jetzt schon gespannt, welche weiteren Verhaltensänderungen das auslösen wird.