Was machen Delfine während eines Hurrikans?
Die Hurrikane Irma und Maria, die erst kürzlich auf den Karibischen Inseln und an den US-Küsten ungeheure Schäden verursacht haben, waren ein Grund zur Sorge um die dort in Delfinarien gefangen gehaltenen Wale und Delfine. Wie aber reagieren freilebende Delfinpopulationen auf solche „Monsterstürme“? Und welche Auswirkungen haben Hurrikane auf das Zusammenleben von Delfinen?
In Anbetracht der Klimaerwärmung sind dies wichtige Fragen, da Stürme wie diese künftig häufiger und verstärkt vorkommen könnten. Natürlich ist es zu gefährlich, das Verhalten der Delfine während eines Sturmes zu beobachten. Forscher haben aber die Folgen von Hurrikane auf Delfingruppen analysiert und die Untersuchungen zeigen deutlich, dass die Tiere unter schweren Stürmen teilweise erheblich leiden.
Hurrikan Katrina im Jahr 2005 hatte z.B. verheerende Auswirkungen auf die Delfine und löschte etwa ein Drittel einer im Golf von Mexiko lebenden Population Großer Tümmler aus. In den frühen 2000er Jahren verloren Populationen von Großen Tümmlern und Zügeldelfinen in einem Sturm zahlreiche Mitglieder.
Wie auch Menschen erleben Delfine also Verluste. Die langfristigen emotionalen Folgen für die Individuen sind unklar aber wir wissen, dass Delfine intelligente und fühlende Tiere sind, die auf ihre Umgebung reagieren und sich flexibel den Umständen anpassen.
In einer Studie konnten Wissenschaftler beobachten, wie nach einem Hurrikan eine soziale Umstrukturierung innerhalb einer Delfinpopulation stattfand. Verluste in der Gruppe wurden durch Individuen von außerhalb der Gruppe „ersetzt“.Im darauf folgenden Jahr konnten die Forscher in dieser Population einen Baby-Boom feststellen. Viele Mütter haben ihre Babys verloren, worauf die Gruppe mit einer erhöhten Fortpflanzungsrate reagierte. Dies zeigt auf, wie komplex aber gleichzeitig auch flexibel Delfingemeinschaften sind.
Noch interessanter ist eine Studie, die nach einem Hurrikan ein sinkendes Aggressionsniveau zwischen Großen Tümmlern und Zügeldelfinen dokumentierte. Männliche Delfine der beiden Arten tragen regelmäßig Kämpfe untereinander aus – aber dieses Verhalten war rückläufig, nachdem beide Gruppen Individuen verloren hatten.
Wir wissen, dass die Auswirkungen auf Populationen verheerend sein können und Änderungen im Verhalten nach sich ziehen, aber es kann nach einem Sturm auch positive Effekte geben. Wenn z.B. weniger Fischerboote in der Region aktiv sind (da sie vom Sturm zerstört wurden), was für die folgenden Monate oder Jahre mehr Futter für die Delfine bedeutet. Wir stehen noch am Anfang mit unserem Wissen über die Auswirkungen von Hurrikanen auf Wale und Delfine.
Die Langzeitfolgen eines Sturmes auf die Delfine sind noch unbekannt. Die Populationen erholen sich zwar nach größeren Umweltkatastrophen – was passiert aber, wenn sich mit dem Klimawandel die Stürme häufen? Werden diese intensiver und häufiger bedeutet das vermutlich auch, dass mehr Delfine sterben werden.
Die Anliegen von WDC beschränken sich nicht nur auf die Folgen der Stürme auf Populationen und ganze Arten, sondern betreffen auch das Wohl von Einzeltieren. Wir setzen uns auf diplomatischer Ebene und bei internationalen Konventionen für Wale und Delfine ein. Dort werden Entscheidungen getroffen, die die Zukunft der Meeressäuger beeinflussen. Wir liefern Regierungen und Entscheidungsträgern wissenschaftliche Informationen, damit diese fundierte Entscheidungen treffen können.