Isländisches Finnwalfleisch erneut auf dem Weg nach Japan?
Leert Kristján Loftsson seine mit Finnwalfleisch gefüllten Kühlhäuser? Die Ereignisse, die sich vor wenigen Tagen im Hafen von Hafnarfjörður im Süden Reykjaviks abgespielt haben und lokale Medienberichte deuten darauf hin. Loftsson ist der letzte Isländer, der noch Jagd auf die vom Aussterben bedrohten Finnwale macht. Glücklicherweise hat sein Unternehmen aufgrund der Absatzschwierigkeiten in Japan jedoch seit 2015 keine Finnwale mehr getötet. In Loftssons Kühlhäusern lagerten aber immer noch tausende Tonnen Finnwalfleisch. Zumindest bis jetzt.
Nun zeigen Fotos, wie beladene LKWs über einen ganzen Tag verteilt palettenweise braune Kisten mit Walfleisch, 900 bis 1800 Kilo schwer, von Hvalurs Kühlhäusern in die Winter Bay verfrachten. Das Frachtschiff wird am 24. August in Murmansk, Russland, einlaufen. Interessanterweise war Kristján Loftsson persönlich anwesend, um die Vorgänge zu überwachen. Zudem wurden Aufpasser bei den Kühlhäusern und am Hafen stationiert.
Die Winter Bay transportiert seit 2015 Walfleisch von Island nach Japan. Vor zwei Jahren meldete das Schiff, beladen mit 1800 Tonnen Walfleisch, Luanda (Angola) und Tema (Ghana) als Destinationen an, steuerte am Ende jedoch gen Norden. Nach längerem Halt in Tromsø fuhr die Winter Bay durch die Nordostpassage Richtung Japan. Auch im letzten Jahr folgte das Schiff einer ähnlichen Route: Nach einem Zwischenstopp in Tromsø fuhr es weiter über die Nordostpassage, um am 9. September mit einer Fracht von 1530 Tonnen Finnwalfleisch im Hafen von Osaka (Japan) einzulaufen.
Dass gestern wieder Finnwalfleisch verfrachtet wurde, überrascht nicht. Seit Februar überwachen wir mit unseren Kollegen in Island und Mitarbeitern des Animal Welfare Institutes (AWI) das Frachtschiff. So konnten wir verfolgen, wie die Winter Bay die Route Norwegen- Färöer-Lettland-Island abklapperte. Allesamt Länder, die entweder Wale jagen oder wie Lettland, in der Vergangenheit (illegal) Walfleisch importierten. Auch letzten Monat konnten wir die Winter Bay dabei verfolgen, wie sie die Färöer am 12. Juli verließ um nach Murmansk zu fahren.
Wie gehabt verschwand das Frachtschiff auch diesmal für einige Zeit vom Radar, wir konnten jedoch am 15. Juli eine verdächtige Verbindung zwischen der Winter Bay und dem norwegischen Zwergwal-Jagdschiff Kato vor der Küste von Hammerfest (Norwegen) herstellen. Die Kato war zu dieser Zeit mit Zwergwalfleisch beladen; zur gleichen Zeit hielt sich die Winter Bay in Rypefjord auf, einer Walfleischverladestation. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde beobachtet, wie in Rypefjord weiße Boxen (die eventuell Walfleisch enthielten) auf das Frachtschiff Kato geladen wurden. Darüber, was sich bei der Begegnung dieser zwei Schiffe tatsächlich abgespielt hat, können wir nur spekulieren.
Die Winter Bay erreichte Murmansk planmäßig am 17. Juli und machte sich Ende des Monats Richtung der Färöer auf. Anfang August fuhr sie weiter nach Velsen (Niederlande). Das Frachtschiff verließ die niederländischen Gewässer am 8. August um nach Island zurückzukehren.
Sind diese Transporte legal und was kann dagegen getan werden?
Island und Japan haben einen Vorbehalt gegen die Listung der Finnwale im Anhang I des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) eingelegt. Somit können sie untereinander legalen Handel mit dieser gefährdeten Art betreiben. Island zählt zum größten Exporteur von Walfleisch, Japan zum größten Importeur. Wir wissen noch nicht, wie groß die aktuelle Fracht ist; Hvalur hat jedoch seit 2006 beinahe 9000 Tonnen Finnwalfleisch nach Japan exportiert hat.
WDC verurteilt den Walfleischhandel scharf. Eine kürzlich durchgeführte Analyse der unter CITES Anhang I gelisteten Spezies bestätigt die Befürchtung, dass der Handel das Artenschutzabkommen untergräbt.
Zusammen mit unseren internationalen Kollegen und Kontakten werden wir in den folgenden Wochen jede Aktivität der Winter Bay überwachen und versuchen herauszufinden, wie viel Finnwalfleisch sich an Bord befindet und ob unterwegs anderes Walfleisch hinzukommt. Dass die Winter Bay über die Genehmigung verfügt, die Nordostpassage zu durchqueren, verstärkt die Annahme, dass Japan das Ziel des Schiffes ist.