Eine einmalige Chance für die EU
Die Europäische Union befindet sich momentan in Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit Japan. Seit Beginn der Verhandlungen im Jahr 2013 hat Japan keine Mühen gescheut, parallel das internationale Walfangmoratorium zu untergraben. Japan ignoriert das Urteil des Internationalen Gerichtshofes (IGH) zu seinem ‚wissenschaftlichem‘ Walfang in der Antarktis. Da Japan verkündet hat, die Gerichtsbarkeit des IGH bei zukünftigen Beschlüssen bezüglich der Nutzung lebendiger mariner Rohstoffe nicht mehr anzuerkennen, muss die EU künftig jedes Abkommen mit Japan kritisch sehen.
Als wollte Japan seine Zurückweisung der internationalen Gesetzgebung zusätzlich unterstreichen, hat es im November 2015 unter Missachtung der Internationalen Walfangkommission (IWC) sowie wissenschaftlicher Empfehlungen eine Wiederaufnahme des antarktischen Walfangs unter dem neuen Programm „NEWREP-A“ angekündigt. Die Flotte stach am 1. Dezember 2015 in See und befindet sich derzeit in der Antarktis – mit dem Ziel, 333 Zwergwale zu töten.
Aber ist der Walfang für Japan so wichtig, dass es sogar bereit ist, eine bedeutsame wirtschaftliche Vereinbarung wie ein Freihandelsabkommen zu gefährden? Wiegt das Potential, den Export in die EU um 24-25 Prozent zu steigern, das unbedeutende Geschäft mit Walfang für ein paar japanische Fischer auf? Möchte die japanische Öffentlichkeit, dass ein durch Steuerzahler subventionierter Industriezweig verhindert, steigende Exporte auf den europäischen Markt zu erzielen?
Der Mangel an Transparenz in den Verhandlungen zwischen Japan und der EU hat dazu geführt, dass Organisationen wie WDC Sorge haben, dass die EU es versäumt, den Vorteil dieser Verhandlungen zu nutzen: nämlich Japan dazu zu drängen, neue Wege in Bezug auf Naturschutz einzuschlagen und sein Walfangprogramm einzustellen. Zudem könnte Japan versuchen, Zugeständnisse der EU für zukünftige IWC-Treffen zu erzwingen.
Die EU sollte Japan nicht für seine aggressiven Angriffe auf internationale Abkommen belohnen, sondern tatsächlich die Möglichkeit nutzen, Japan zu einer Änderung seiner Walfangpolitik zu bewegen.
Das EU Parlament hat in einer Resolution zu den EU-Verhandlungen mit Japan im Jahr 2012 angemerkt, dass nach wie vor ernsthafte Meinungsverschiedenheiten bezüglich Fischerei und Walfang bestehen, namentlich Japans Walfang zu wissenschaftlichen Zwecken. In der Folge wurde zu umfassenden Diskussionen über die Abschaffung der Waljagd und dem Handel von Walprodukten aufgerufen.
Erst im Dezember 2015 hatte die EU Japans Plan, seinen Walfang zu „wissenschaftlichen Zwecken“ in antarktischen Gewässern fortzusetzen, aufs schärfste verurteilt.
Für die Wale braucht es jetzt mehr als nur diplomatischen Protest. Das europäische Parlament hat seit dem Vertrag von Lissabon gestiegene Einflussmöglichkeiten innerhalb der Europäischen Union und befindet sich in einer guten Ausgangslage, um die EU aufzufordern, innerhalb der momentanen Verhandlungen Druck aufzubauen und sich für die Wale einzusetzen.
WDC ruft das Europäische Parlament auf, an die EU Kommission zu appellieren, die anhaltende Missachtung Japans des internationalen Walfangmoratoriums unter dem Mantel der Wissenschaft zu einem zentralen Gegenstand der Verhandlungen zu machen. Die EU muss ihre klare Haltung gegen den kommerziellen und wissenschaftlichen Walfang hervorheben.
Denn wie viel ist Japan das Recht wert, auf grausame Weise ein intelligentes, empfindungsfähiges Wesen zu töten – dessen Fleisch zudem kaum jemand essen will? Vielleicht können wir nun die Verhandlungen zum Freihandelsabkommen nutzen, um es tatsächlich sehr kostspielig zu machen.