Wie uns Wale im Kampf gegen den Klimawandel helfen
Die Errichtung der lebensgroße Skulptur eines Blauwales am Ufer der Seine fällt mit der UN Klima Konferenz diese Woche in Paris zusammen. Das Kunstwerk ist dem Blauwal ‚Bluebelle‘ nachgebildet, der 1912 im Südatlantik getötet wurde. Sie soll die Delegierten anregen darüber nachzudenken, dass die Zukunft aller gefährdeten Arten in ihrer Hand liegt. „Bluebelle“ ist gleichzeitig – und ungeplant – eine Erinnerung an die japanische Walfangflotte, die vor wenigen Tagen in die Antarktis aufgebrochen ist.
Wenige Menschen würden allerdings die momentanen extremen Wetterbedingungen in vielen Teilen der Welt mit Walen und dem Walfang in Verbindung bringen.
Wale sind wertvoll, nicht nur um ihrer selbst willen, sondern auch für uns.
Forscher gehen davon aus, dass einige Walpopulationen über die letzten 300 Jahre in ihrem Bestand bis zu 90% zurückgegangen sind. Eine aktuelle Studie belegt, dass fast 3 Millionen Wale allein durch den Walfang des letzten Jahrhunderts ausgelöscht wurden!
Dieses Jahr wurden 155 bedrohte Finnwale von isländischen Walfängern getötet. Mit einer Länge von ca. 27m sind Finnwale gigantisch und die zweigrößten Tiere des Planeten. Trotz ihres Status als ‚gefährdet‘ wurden seit 2006 mehr als 700 dieser majestätischen Wesen harpuniert.
Was hat dies für unser Klima bedeutet? Eine ganze Menge, denn Wale spielen eine signifikante Rolle in maritimen Ökosystemen und die industrielle Jagd auf sie ist genauso wenig nachhaltig wie die Abholzung des Amazonasgebietes.
Das Prinzip ist ähnlich wie an Land: Pflanzen müssen Nährstoffe bekommen, um zu überleben und den Sauerstoff zu produzieren, den wir zum Atmen brauchen. Ganz ähnlich gibt es im Meer mikroskopische, pflanzen-ähnliche Organismen (genannt Phytoplankton), die fast die Hälfte des Sauerstoffs auf der Erde produzieren. Phytoplankton nutzt – wie seine Verwandten an Land – CO2, Wasser, Sonnenlicht und Nährstoffe um ihre eigene Nahrung herzustellen, eine chemische Reaktion, die wir als Photosynthese kennen. Ein Nebenprodukt der Photosynthese ist der Sauerstoff, den der Rest des Planeten braucht. Phytoplankton muss sich in sonnendurchfluteten Oberflächenwassern (genannt euphotische Zone) befinden, um die nötige Sonnenenergie zu bekommen und zu zur Photosythese zu nutzen. Doch viele dafür wichtige Nährstoffe, wie z.B. Eisen, befinden sich nicht frei-schwimmend im der euphotischen Zone. Stattdessen sinken diese Nährstoffe aufgrund der Schwerkraft auf den Meeresboden, wo sie ungenutzt bleiben würden – gäbe es da nicht die Wale!
Laut Nicole et. al. (2010) sind Walfäkalien reich an Eisen, ein wichtiger Nährstoff für Phytoplankton-Kolonien um sich rasant zu reproduzieren oder zu ‚blühen‘. Dieses fäkale Eisen ist ein direktes Resultat der eisenreichen Nahrung der Wale, des Krills. Durch den Verdauungsprozess wird das Eisen dann freigesetzt und als Nährstoffe für das Phytoplankton verfügbar gemacht. Phytoplankton wiederum wird als Nahrung von Krill aufgenommen und erzeugt damit einen endlosen, positiven Reaktionskreislauf für gesunde maritime Ökosysteme.
Forscher der University of Vermont und der Harvard University stellten fest, dass Wale eine Art Wal-Pumpe‘ erzeugen, weil sie zwar oft in großer Tiefe fressen, jedoch ihr Geschäft an der Oberfläche verrichten. Dadurch wird nutzbarer Stickstoff in die euphotische Zone transportiert, wo er vom Phytoplankton genutzt werden kann. Die Autoren beurteilten die Rolle der Wale als so signifikant, dass sie schlussfolgerten, dass eine Erholung der Walpopulationen helfen könnte, den Klimawandel zu bekämpfen.
Es gibt mehr und mehr Daten, die den direkten Zusammenhang von gesunden Walpopulationen und dem Klima unserer Erde belegen. Ein aktuelles Forschungsprojekt (2014) schätzte, dass die Erholung der Blauwalpopulation der Südlichen Hemisphäre ungefähr „der Erhaltung von 43.000 Hektar Waldes, einem Gebiet von der Größe von Los Angeles“ entspräche.
Angesichts der steigenden Anzahl wissenschaftlicher Belege für die wichtige Rolle der Wale im Kampf gegen den Klimawandel, ist es daher ironisch zu hören, dass die drei Top-Walfangnationen behaupten, den Klimawandel ernst zu nehmen:
- Island hat Wiederaufforstung und Rekultivierung als eine von 10 Kernmaßnahmen benannt um den Klimawandel zu bekämpfen. Trotzdem haben isländische Walfänger dieses Jahr insgesamt 184 Finn- und Zwergwale getötet.
- Im Laufe des Jahres hat das norwegische Parlament eine Gesetzgebung verabschiedet um den Klimawandel zu reduzieren. Trotzdem haben norwegische Walfänger dieses Jahr 660 Zwergwale getötet.
- Japan nahm an der UN Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) in Paris mit dem Ziel teil‚ konkrete Strategien‘ zum Thema Karbon-Emissionen festzusetzen. Trotzdem sind Japans Walfangschiffe nun unterwegs, um noch mehr Wale zu töten.
Die lebensgroße Statue von Bluebelle sollte für die UN Delegierten nicht nur ein Symbol für die Auswirkungen des Klimawandels auf die Bewohner der Erde sein, sondern auch eine Erinnerung daran, welch signifikante Rolle Wale bei deren Bekämpfung spielen – wenn wir sie lassen.
Walfang ist nicht nachhaltig.
Wale jedoch können helfen, die Zukunft unseres Planeten für uns alle nachhaltig zu sichern.