Unterwasser-Sprengungen machen Schweinswale taub
Noch immer finden sich große Mengen nicht gesprengter Seeminen und Blindgänger aus dem 2. Weltkrieg in der Nordsee – eine Gefahr für Schweinswale und andere Meereslebewesen. Wie große diese Gefahr tatsächlich ist, ergab eine neue Studie, welche die Auswirkungen von Unterwasser-Sprengungen auf Schweinswale in holländischen Gewässern untersuchte.
Solche Blindgänger im Meer werden immer wieder von niederländischen Fischern oder Baggerschiffen gefunden. In Sorge um die Sicherheit der Menschen und der Beschädigung von Ausrüstung und Infrastruktur werden sie kontrolliert gesprengt. Die Unterwasser-Detonationen erzeugen weitreichende Schockwellen, welche die hier lebenden Meeressäuger nachhaltig schädigen können, insbesondere jene, die sehr empfindlich auf Geräusche reagieren, wie z.B. Schweinswale.
Für die Studie erstellte man auf der Basis von Informationen über Blindgänger Karten, die Auskunft über die Lärmverteilung der Sprengungen geben. Man verglich die Karten dann mit Vorkommen und Verbreitung der Schweinswale und Schätzungen, welche Lärmbelastungen Hörschäden oder Hörverlust bei den Tieren verursachen können.
Die Studie betrachtete die tatsächlichen Sprengungen zwischen 2010 und 2011 und analysierte Standort, Sprengstoff-Typ, zeitlichen Ablauf der Detonationen und die angenommene Verbreitung der Schweinswale in der südlichen Nordsee. Insgesamt fanden 210 Explosionen statt, von denen für 88 Sprengungen zwischen März 2010 und März 2011 Vergleichsdaten von den Sprengungen und Schweinswalvorkommen, die der Lärmbelastung ausgesetzt waren.
Die Untersuchung ermittelte eine geschätzte Zahl von 1.280 bis 5.450 Fällen permanenter Hörschäden bei Schweinswalen – jenen Tieren, die sich jeweils in einem Umkreis von einigen Kilometern einer Detonation befanden. Ein solcher Hörverlust kann, muss aber nicht zeitlich begrenzt sein. Bleibt er permanent, kommt das einem Todesurteil für einen Schweinswal gleich. Diese Studie bestätigt somit frühere Bedenken zu Risiken für Schweinswale durch Unterwasser-Explosionen und sollte weitere Maßnahmen zur Reduzierung der der Konsequenzen von Sprengungen nach sich ziehen.
„Die neuen Zahlen sind dramatisch“, sagt Fabian Ritter, Meeresschutzexperte bei WDC. „Die Gefahr durch Unterwassersprengungen, die auch in Deutschland gegeben ist, wurde lange unterschätzt. Und das Problem ist immens: Immerhin liegen in Nord- und Ostsee noch über eine Millionen Tonnen Sprengstoff auf dem Meeresgrund. Zu den möglichen Lösungen zur umweltfreundlich Entsorgung gehören die Bergung und anschließende Sprengung an Land oder die kontrollierte Sprengung in speziellen Unterwasserkammern. Für den Einsatz solcher umweltfreundlicher Methoden macht sich auch WDC stark“, so Ritter weiter.