Die Rufe der Orcas
Es ist sechs Uhr morgens und ich werde durch den Lautsprecher direkt neben meinem Bett geweckt. Erst mal muss ich mich orientieren: wo bin ich und was sind das für Geräusche? Ach ja, es sind Rufe von Schwertwalen und ich befinde mich im Orcalab, dem WDC-Partnerprojekt in Kanada. Hier werden bereits seit über 30 Jahren die verschiedenen Dialekte der nördlichen ortstreuen Schwertwale (Northern Residents) erforscht.
Fast täglich kommen einige von ihnen am Orcalab vorbei, das sich am Ufer der Blackney-Meerenge im Norden von Vancouver Island befindet. Die Forschung hier konzentriert sich aber vor allem auf das, was die Unterwassermikrofone (Hydrophone) übertragen, die in der Gegend angebracht sind. Überall sind Lautsprecher installiert: im Wohnhaus, im Gästehaus, in der Praktikanten-Küche, draußen im Wald usw. Wenn Orcas zu hören sind, wird genau dokumentiert, welche Gruppe gerade über welches Hydrophon zu hören ist. Es gibt auch einige Kameras, die vom Orcalab aus aufgerufen werden können – darüber kann man sehen, was an den einzelnen Beobachtungspunkten vor sich geht.
Hier zeichnet Praktikantin Chelsea gerade auf, welche Gruppe der Orcas sie hört und über welches der Mikrofone sie zu hören sind. Es ist sehr interessant, dass man bereits nach ein paar Tagen auch als Laie Unterschiede bei den Rufen ausmachen kann. Praktikantin Tomoko aus Japan, die bereits seit 17 Jahren jeden Sommer im Orcalab mithilft, erkennt jede einzelne Gruppe innerhalb von Sekunden an ihren verschiedenen Rufen.
Manchmal „schleichen sich die Orcas auch an“, das heißt sie nähern sich dem Orcalab, ohne dass sie vorher zu hören sind. Es schadet also nie, einen Blick durch eines der Ferngläser zu riskieren.
Es war eine tolle Erfahrung, zusammen mit meinem Kollegen Rob vom englischen WDC-Büro einige Tage im Orcalab verbringen zu dürfen. In meinem nächsten Blog berichte ich von meiner Zeit am Außenposten „CP“, der sich direkt an der Johnstone-Meerenge befindet.