Selektives Töten mit unabsehbaren Folgen
Selektives Schlachten (sogenanntes „Culling“) wird eingesetzt, um Populationen unter Kontrolle zu halten. Forscher konnten nun bei Elefantenpopulationen nachweisen, dass die Folgen dieser Massentötungen über Jahrzehnte anhalten und die Population nachhaltig beeinträchtigen.
Es scheint nicht unbedingt auf den ersten Blick ersichtlich, wenn man eine Elefantenpopulation betrachtet, aber soziale Interaktionen und das Verständigen untereinander sind in Gruppen, die eine solche Ausmerzung hinter sich haben, stark geschädigt.
Solche Eingriffe in die soziale Entwicklung besitzen das Potential Langzeitschäden bei diesen intelligenten Tieren zu verursachen.
Menschen haben über längere Zeit hinweg selektiv Tiere getötet, um den Bestand und wildlebende Populationen unter Kontrolle zu halten. Bis 1995 war „Culling“ die Standardmethode und wurde im Krüger Nationalpark in Südafrika begonnen, um die Landschaft und Vegetation zu schützen, da Elefanten eine Unmenge an Pflanzen pro Tag zu sich nehmen.
Dr. Karen McComb von der Sussex Universität hat bereits 2005 in einer Studie nachgewiesen, dass Elefanten fähig sind, sich an den Verlust von Gruppenmitgliedern zu erinnern. In ihrer aktuellen Studie, publiziert im Fachjournal Frontiers in Zoology, widmet sie sich im Detail den Langzeitfolgen für dezimierte Populationen.
An erster Stelle ging man ursprünglich davon aus, dass die Folgen ähnlich einer Posttraumatischen Belastungsstörung wären, da nach den gezielten Tötungen einzelner Gruppenmitglieder, jeweils atypisches Verhalten festgestellt wurde. Doch die Folgen für die verwaisten Tiere oder dezimierte Gruppen gehen darüber hinaus. Verwaiste Männchen töteten über 100 Nashörner in einem Zeitraum von 10 Jahren. Einige der verwaisten Weibchen griffen gar Touristen in Jeeps an und waren aggressiver als normal. All dies ist auf ein Fehlen des sozialen Lernprozesses zurückzuführen, weil die älteren Weibchen, welche den Jungen angemessenes Verhalten lehren, getötet wurden.
Aber nicht nur Elefanten sind von den Langzeitschäden durch das Töten älterer, erfahrener Tiere betroffen – auch bei Wal- und Delfinpopulationen kann dies beobachtet werden.
So haben beispielsweise männliche Orcas ein stark erhöhtes Sterberisiko, nachdem ihre Mutter getötet wurde. Auch kann ein Muttertier ihre Kinder nicht mehr beschützen, ihnen die Futterplätze nicht mehr zeigen und ihren Töchtern bei der Aufzucht der Jungtiere nicht mehr unterstützen. Ein riesiger Verlust, der dem Familienverband schadet und eine ganze Population gefährden kann.
Es mag für uns kaum von Bedeutung sein, ein einzelnes Tier zu töten, für die Population aber kann es über ihr Fortbestehen – über Leben und Tod – enstcheiden.
Mehr über die Bedeutung von Familienverbänden für Wal- und Delfinpopulationen und die soziale Interaktion dieser intelligenten Tiere in Dr. Karsten Brensings Buch Persönlichkeitsrechte für Tiere.
Quelle:
IFL Science