Anhörung zur Delfinhaltung: „Zoos tragen nicht zur Versachlichung der Diskussion bei“
Am Mittwoch, dem 15.Mai 2013, lud der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages zur öffentlichen Anhörung. Unter der Überschrift „Haltung von Delfinen beenden“ nahm auch WDC-Delfinexperte Dr. Karsten Brensing als Einzelsachverständiger an der Debatte teil.
Keine sachliche Diskussion
Bereits im Vorfeld der Anhörung hatte der Präsident des Verbands Deutscher Zoodirektoren in den Medien mit der Aussage für Aufsehen gesorgt, dass die Delfine im Falle eines Haltungsverbots getötet werden müssten. Der Ausschussvorsitzende kritisierte die von Herrn Kauffels zitierte Aussage aufs Schärfste: Mit einem solchen Zitat würde nicht zur Versachlichung der Diskussion beigetragen.
Im Laufe der Debatte bezeichneten die Vertreter der Zoos ein Haltungsverbot für Delfine als „willkürlich“ und verwiesen auf den hohen Bildungswert, vor allem für Kinder.
Delfine würden in menschlicher Obhut regelrecht aufblühen, konstatierte ein Zoo-Vertreter.
„Gezielte Täuschung“
Dr. Brensing kritisierte hingegen die mangelnde Datentransparenz der Zoos im Rahmen der Überarbeitung des so genannten Säugetiergutachtens. Darin sind die Mindestanforderungen an die Haltung aufgeführt. Man könne von gezielter Täuschung sprechen, so Brensing.
Die Nachzucht von Delfinen in Gefangenschaft ist in Deutschland und Europa nach wie vor nicht nachhaltig. Nur durch Importe können die Bestände der Großen Tümmler in europäischen Delfinarien erhalten werden.
Als größtes Problem gilt die Jungtiersterblichkeit in europäischen Zoos, die auch im aktuellen Jahrbuch (Erscheinungsdatum 2010) der Europäischen Zoovereinigung (EAZA) (2007-2008) erneut Erwähnung findet. Im Rahmen der aktuellen Überarbeitung des Säugetiergutachtens in Deutschland geben die Zoos jedoch an, dass die Bestandserweiterung in europäischen Delfinarien ausschließlich durch Nachzucht und nicht durch Importe zustande gekommen sei. Die öffentlich zugänglichen europäischen Importdaten belegen aber, dass der Zuwachs zum überwiegenden Teil durch Importe zustande kam. Die Probleme bei der Nachzucht im Tiergarten Nürnberg sind somit kein Einzelfall, sondern stehen beispielhaft für ein systemimmanentes Problem. Die Daten sowie die Aussagen in den Jahrbüchern legen den Verdacht nahe, dass bestehende Probleme von den deutschen Zoos nicht anerkannt werden und stattdessen versucht wird, die Öffentlichkeit aber auch unabhängige Gutachter und das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu täuschen.
Sandra Altherr von der Organisation Pro Wildlife brachte die hohe Jungtiersterblichkeit in Delfinarien zur Sprache. Diese sei sehr viel höher als im Freiland.
Um die Gründe für diese Sterblichkeit zu ermitteln, fordern WDC und andere Organisationen seit Jahren die Daten aus dem Europäischen Zucht- und Erhaltungsprogramm (EEP).
Herr van Elk vom Delfinarium im niederländischen Harderwijk rechtfertigte die weitere Verweigerung der Daten mit der Begründung, dies könne zu Befindlichkeiten Dritter führen. Die Zoos würden die ermittelten Daten untereinander austauschen und besprechen. Eine Einmischung von außen ist nach seiner Aussage von den Zoos unerwünscht. Herr van Elk wörtlich: „Dafür brauchen wir Herrn Brensing nicht.“
Angesichts des wissenschaftlichen Anspruchs dieser Daten lässt sich diese Aussage nur schwer nachvollziehen.
Debatte um die Überarbeitung des Säugetiergutachtens noch offen
Während der Anhörung wurde deutlich, dass die Diskussion um das überarbeitete Säugetiergutachten noch nicht abgeschlossen ist, was Karsten Brensing positiv bewertet.
„Ich sehe die Chance, dass die Debatte um die Mindestanforderungen nun doch noch auf wissenschaflicher Grundlage erfolgen kann“, so Brensing.
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